Niedersachsen muss mehr für den Klimaschutz tun, darin sind sich fast alle Fraktionen im Landtag einig. Die Frage lautet allerdings: wieviel mehr? Die Grünen fordern besonders große Schritte. In ihrem Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass die jährlichen Treibhausgasemissionen in Niedersachsen bis zum Jahr 2030 um mindestens 70 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 reduziert werden. Der Entwurf der Großen Koalition sieht lediglich 55 Prozent vor.

https://twitter.com/ImkeByl/status/1171400695972544512

Als „laues Lüftchen“ bezeichnete die Grünen-Sprecherin für Klimaschutz, Imke Byl, die Pläne von SPD und CDU, auf die man nun zwei Jahre lang gewartet habe. „Sie haben getrödelt, verzögert und sich zerstritten. Und nun trägt der Entwurf den aktuellen Herausforderungen in keinster Weise Rechnung“, bemängelte Byl. Es reiche nicht aus, mit dem Finger ständig nach Berlin zu zeigen. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) warnte vor zu hohen und damit unseriösen Zielen. „Man kann sagen, 55 Prozent sind nicht genug, und man muss 70 Prozent in den Entwurf schreiben. Aber hat einmal jemand ausgerechnet, was wir tun müssen, um diese 55 Prozent zu erreichen?“, frage Lies. Die Aufgabe eines Gesetzgebers sei es, auch in der Lage zu sein, ein im Gesetz formuliertes Ziel zu erreichen.  Die harten Zielsetzungen von SPD und CDU nannte er ehrlich und vernünftig, ein anderes Vorgehen sei unseriös.

Sie haben getrödelt, verzögert und sich zerstritten. Und nun trägt der Entwurf den aktuellen Herausforderungen in keinster Weise Rechnung.

Auch der SPD-Abgeordnete Marcus Bosse zweifelt an den Klimaschutzplänen der Landtagsgrünen. Sie seien mit der heißen Nadel gestrickt. Die Grünen seien sich über Jahre über die Zahlen einig gewesen und hätten nun mit dem Entwurf der Großen Koalition kurzfristig kräftig nachgelegt. Die CDU-Abgeordnete Laura Hopmann nannte den Gesetzentwurf der Großen Koalition „richtig, aber maßvoll“. Ihr Fraktionskollege Martin Bäumer warf den Grünen Realitätsferne vor. So sei ein Neubauverbot für Autobahnen kein Beitrag für den Klimaschutz. Wenn Autos wie zuletzt in Bad Oeynhausen ständig im Stau stünden, sei das das Gegenteil von Klimaschutz.

Das Abholzen von Bäumen, das Setzen von schweren Betonfundamenten und das Zulassen von potentiellen Brandrisiken kann nicht unser Ziel sein. Die Wälder werden schließlich auch immer trockener.

Auch die Beschaffung von klimaneutralen Bussen und Bahnen ab 2021 sei nicht machbar, schließlich seien Fahrzeuge, die in zwei Jahren auf Straßen und Schienen unterwegs sein sollen, schon längst bestellt. Bäumer sprach sich gegen einen „Photovoltaik-Zwang“, Verbote von Ölheizungen sowie das Errichten von Windrädern in Wäldern aus. „Das Abholzen von Bäumen, das Setzen von schweren Betonfundamenten und das Zulassen von potentiellen Brandrisiken kann nicht unser Ziel sein. Die Wälder werden schließlich auch immer trockener“, erklärte Bäumer.

Einigkeit: Klimaschutz soll als Staatsziel in die Verfassung

Während der Gesetzwurf von SPD und CDU erst das Oktober-Plenum erreicht, wurde neben dem Klimagesetzentwurf der Grünen am Dienstag auch der Entwurf der FDP-Fraktion debattiert. Man setze dabei auf Anreize statt auf Zwang, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner und zielte mit seiner Kritik vor allem auf Pläne der Grünen. Sowohl die Große Koalition als auch die Grünen machten derzeit bei dem Thema einen getriebenen Eindruck. Auch bei den Grünen sei in der Regierungszeit jahrelang nichts passiert. Birkner sprach von „sieben verlorenen Jahren für den Klimaschutz“ in der Regierungszeit von Ministerpräsident Stephan Weil. Einig sind sich die alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD, dass Klimaschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen werden soll. Unklar ist allerdings noch die Formulierung. Einen Klimavorrang, wie ihn die Grünen fordern, nannte Birkner völlig verfehlt. „Das ist eine völlige Fehlentwicklung, die am Ende zu einem Klima-Absolutismus führt.“


Lesen Sie auch:

Doch noch kein Klimagesetz? CDU hadert mit der Verfassungsänderung

Grüne wünschen sich eine groß angelegte Solar-Offensive in Niedersachsen


Der AfD-Abgeordnete Christopher Emden sprach den Grünen Klimaschutz-Kompetenz ab und warf ihnen Populismus vor. Sie wollten Wälder abholzen, um dort Windräder und Photovoltaikanlagen zu errichten. Die Energiewende habe die Verbraucher bisher rund 160 Milliarden Euro gekostet. „Mit dem Geld könnte man die Brandrodung des Regenwalds verhindern und Wüsten wieder aufforsten“, sagte Emden.