Die AfD stellt sich auf eine Schlammschlacht während ihres bevorstehenden Landesparteitags am 15. Mai in Braunschweig ein. In mehreren Anträgen, die teilweise die Abwahl des Landesvorsitzenden Jens Kestner und mehrere seiner Mitstreiter betreffen, werden schlimme Vorwürfe erhoben – das geht von bösartigen Unterstellungen über Bedrohungen, Manipulation von Mitgliederaufnahmen und Verschwendung bis zur Stimmungsmache gegen bestimmte Gruppierungen und einzelne Funktionsträger. Aus dem Lager von Kestner kommt ein Antrag, der die „Neuaufstellung der Landesliste für die Bundestagswahl“ fordert. Dieser Vorstoß richtet sich gegen den im Dezember gewählten Spitzenkandidaten der niedersächsischen AfD für die Bundestagswahl, General a.D. Joachim Wundrak. Wundrak ist derzeit ein Anwärter für die AfD-interne Auswahl zur bundesweiten Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl.


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Die niedersächsische AfD kennt kein Delegiertensystem. Landesparteitage sind Versammlungen, zu denen alle rund 2400 Mitglieder kommen können. Die Nase hat vorn, wer am besten mobilisiert. Im September setzte sich Kestner als neuer Landesvorsitzender gegen die bisherige Vorsitzende Dana Guth durch. Knapp drei Monate später, Anfang Dezember, dominierten die Kestner-Gegner bei der Aufstellung der Bundestagsliste. Sowohl Kestner wie auch sein Vertrauter Armin-Paul Hampel verpassten die Wiederaufstellung, Wundrak wurde zum Spitzenkandidaten gekürt. Das Kestner-Lager machte später öffentlich, dass es Hinweise auf Formfehler bei der Aufstellung der Bundestagsliste gab, weil mindestens 24 Mitglieder nicht eingeladen worden seien. Die Prüfung der Liste bei der Landeswahlleiterin läuft derzeit noch. Doch ein Antrag für den Landesparteitag, der vom Kestner-Lager unterstützt wird, sieht nun vor, der Parteitag möge die Listenaufstellung „für ungültig erklären“ und den Vorstand auffordern, zur Wiederholung der Aufstellung einzuladen. Wenn es dafür eine Mehrheit geben sollte und die AfD selbst ihre Listenaufstellung wiederholt, gebe das die Chance für Kestner und Hampel, doch noch für den Bundestag aufgestellt zu werden. Das wäre aber gleichzeitig das Risiko für Wundrak, seine im Dezember geschehene Aufstellung wieder einzubüßen. Doch im Kestner-Lager gibt es mahnende Stimmen, die vor einer solchen Eskalation warnen – man dürfe den früheren Bundeswehrgeneral, der in der Partei ein hohes Ansehen genießt, nicht durch solche parteiinternen Ränkespiele beschädigen.

Mehrere Abwahlanträge liegen vor

Kestner selbst und mehrere seiner Vertrauten drohen beim Sonderparteitag am 15. Mai entmachtet zu werden, wenn ihre Gegner die Mehrheit haben sollten. Mehrere Abwahlanträge gegen die Parteiführung liegen vor. Dem Vorsitzenden wird vorgeworfen, er habe im Herbst 2020 eigenmächtig 23 Mitglieder aufgenommen und den zuständigen Kreisvorstand Osnabrück übergangen. Der Vorstand habe jetzt die Tagungshalle in Braunschweig für 24.000 Euro angemietet, obwohl im Westen des Landes Hallen schon für 6000 Euro zu haben gewesen wären. Da aber im Westen mehr Kestner-Gegner als -Anhänger wohnen, habe man unbedingt in Braunschweig tagen wollen. Außerdem habe der Vorstand parteiinterne Kritiker bezichtigt, sie planten den Übertritt zur Partei LKR, der inzwischen auch Guth angehört. Auch Stephan Bothe als Vize-Landesvorsitzender trage dafür Mitverantwortung.

Dem Kestner-Vertrauten Maik Schmitz wird vorgeworfen, die Aufnahme neuer Mitglieder in Kestner-kritischen Kreisverbänden herausgezögert zu haben. Gegen den Vize-Landesvorsitzenden Uwe Wappler wird vorgetragen, er habe den Bundestagsabgeordneten Wilhelm von Gottberg bedroht, ihn als Verräter beschimpft und die Todesstrafe für Verräter befürwortet. Gegen Kestner, Bothe, Schmitz und Wappler sind Abwahlanträge eingereicht worden. Kestner wird zudem vorgehalten, in Briefen über „AfD-interne Zersetzungskräfte“ geschrieben zu haben. Nach seiner Wahl zum Vorsitzenden soll er zur Landesgeschäftsstelle gefahren und die Türschlösser austauschen lassen haben. Gegen ein anderes Kreisvorstandsmitglied aus Nienburg-Schaumburg wird vorgetragen, er habe in den sozialen Medien geschrieben: „Unseren Kreisvorsitzenden… schießen wir jeden Tag an und am 24. Januar schlachten wir ihn ohne Betäubung“. Es gehe um „angreifen und vernichten“.