Noch hat die Bundesregierung sich nicht geäußert, unter welchen Voraussetzungen die Zuschüsse für das „Entlastungspaket III“ an Unternehmen und bedürftige Bürger ausgezahlt werden sollen. Trotzdem will die Landesregierung im Eiltempo den Nachtragshaushaltsplan durch den Landtag bringen, am Mittwoch ist dazu die Schlussberatung im Haushaltsausschuss, am 30. November soll der Landtag abschließend entscheiden. Was aber nützt das Geld, wenn unklar bleibt, wie man es ausgeben darf?

Björn Thümler, Vorsitzender des Haushalts-Ausschusses, und Finanzminister Gerald Heere (rechts). | Foto: Wallbaum

Zweifel an diesem Tempo äußerten gestern im Landtag-Haushaltsausschuss Vertreter von CDU und AfD, aber auch die Landesrechnungshof-Präsidentin Sandra von Klaeden. Finanzminister Gerald Heere (Grüne) rechtfertigte sich: „Es geht auch um Psychologie. Die Menschen wollen sehen, dass der Staat sich um ihre Sorgen kümmert.“ Der CDU-Finanzpolitiker Ulf Thiele erwiderte: „Das Signal kann ins Gegenteil umschlagen, wenn zwar Geld im Haushalt steht, es aber von den Behörden wegen ungeklärter Bundesvorgaben nicht ausgezahlt werden kann. Dann droht massive Enttäuschung die Reaktion zu sein.“ Peer Lilienthal (AfD) meinte: „Nichts wäre fataler als eine Verwaltung, die wegen administrativer Schwierigkeiten die politischen Beschlüsse nicht umsetzen kann.“



Die rot-grüne Koalition will in einem Nachtragsetat 2,9 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben – vorwiegend Geld, das durch die inflationsbedingten höheren Steuereinnahmen in die Landeskasse gekommen ist. Am gestrigen Montag wurde der Entwurf des Haushaltsplans in den Haushaltsausschuss eingebracht, bereits morgen – 48 Stunden später – soll dieses Gremium abschließend darüber beraten. Heere stellte die verschiedenen Vorhaben vor. So sollen Zuschüsse für das Schul- und Kindergartenessen sicherstellen, dass die Preise nicht erhöht oder bereits erhöhte Preise wieder zurückgenommen werden. Geld für einen Härtefallfonds bei Energiepreisen soll fließen, bei Zuschüssen für den Wirtschaftsförderfonds geht es etwa darum, Wärmenetze an Biogasanlagen anzuschließen und damit die nötige Energiewende zu begleiten.

Der CDU-Politiker Thiele wiederholte den Vorwurf, Rot-Grün gehe über die eigene Aussage hinaus, mit diesem Nachtragsetat den Bürgern lediglich ihre Mehrbelastungen wegen der Inflation abzufedern. In Wirklichkeit schiebe Heere die eigentlich vorgesehene Entnahme aus der Rücklage auf und setze Geld für politische Projekte ein – so die energetische Sanierung von Landesgebäuden. „Das finden wir nicht in Ordnung.“ Heere widersprach: „Die Sanierung von Landesgebäuden ist doch kein rot-grünes Projekt, sondern es ist nötig wegen der energiepolitischen Lage. Außerdem hat das Land eine Vorbildfunktion.“ Ähnlich äußerte sich der SPD-Finanzpolitiker Philipp Raulfs.

Kritik vom Rechnungshof

Sandra von Klaeden, Präsidentin des Landesrechnungshofs (LRH), kritisierte das geplante Sondervermögen zur energetischen Sanierung von Landesgebäuden. „Es wäre besser, wenn der Landtag über eine konkrete Liste von Einzelvorhaben befinden würde.“ Ob alle von Rot-Grün jetzt im Nachtragsetat geplanten Projekte wirklich nötig seien, könne man in Zweifel ziehen. Pauschalzuweisungen an Schulen und Kindergärten seien zudem fragwürdig. „Die Schnelligkeit darf nicht das Maß aller Dinge sein, sonst wächst die Gefahr von Mitnahmeeffekten und Missbräuchen“, betonte von Klaeden. Vieles sei noch viel zu unklar, etwa die Frage, welche Branchen vom 200-Millionen-Programm des Wirtschaftsministeriums für kleine Unternehmen profitieren sollen, welche Bedingungen dafür gelten und ob es etwa eine Kopplung an den Erhalt von Arbeitsplätzen gebe. Eine bisher unzulässige Verknüpfung von Steuerdaten und Förderdaten bei Antragstellungen in der N-Bank sei sinnvoll.

„Die Schnelligkeit darf nicht das Maß aller Dinge sein, sonst wächst die Gefahr von Mitnahmeeffekten und Missbräuchen“, warnt Sandra von Klaeden (links), Präsidentin des Landesrechnungshofs, im Haushaltsausschuss. | Foto: Wallbaum

Kritik von Kommunen

Jan Arning vom Niedersächsischen Städtetag (NST) sagte, viele Mitgliedskommunen seines Verbandes hätten wegen der Flüchtlings-, Energie- und Personalausgaben hohe Fehlbeträge in der Haushaltsplanung angehäuft – „oft in dreistelliger Millionenhöhe“. Das Entgegenkommen des Landes sei bisher nicht sehr ausgeprägt, und auch der von der Großen Koalition vorgenommene Eingriff des Landes in die Sozialkassen der Kommunen werde nicht revidiert. „Diese Landesregierung führt die kommunalfeindliche Politik der Vorgängerregierung fort“, sagte Arning. Nötig seien Landesbürgschaften zur Sicherung der Stadtwerke, die wegen der Energiekrise in die Schieflage geraten, und Unterstützungen beim Wohngeld. „Es deutet sich eine Verdreifachung der Wohngeld-Fälle an, bis zu 170 neue Stellen müssen allein die Mitglieder des NST in ihren Verwaltungen schaffen“, erläuterte Arning.