Foto: Link, Scheffen

Kaum ein Thema hat in den vergangenen Jahren so stark polarisiert wie die individuelle Mobilität. Die Automobilindustrie (das Auto ist immerhin des Deutschen beliebtestes Fortbewegungsmittel) befindet sich im womöglich größten Transformationsprozess ihrer Geschichte: Erste Automobilbauer haben verkündet, ab Mitte dieses Jahrzehnts nur noch Autos mit elektrischen Antrieben auf den Markt zu bringen. Die Debatte um E-Mobilität ist indes stark erhitzt und polemisiert. Wir sprechen über die unklare Herkunft des Stroms für Ladesäulen, debattieren über den Sinn oder Unsinn von Fördermöglichkeiten für E-Automobile und ärgern uns über „Klima-Kleber“ oder unterstützen sie bei ihren aufsehenerregenden Protestaktionen.  

ÖPNV spielt wichtige Rolle bei der klimafreundlichen Mobilität

Die Diskussionen haben sich sehr stark auf das Auto eingeschossen, gilt dieses doch als größter „Klima-Killer“ der individuellen Fortbewegungsmittel. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass das Auto nur ein Puzzleteil der Komplexität dieser Probleme ausmacht. Wenn wir verlässliche, günstige und klimafreundliche Mobilität wollen, müssen wir gleichermaßen alle anderen Verkehrsmittel in den Blick nehmen: den ÖPNV mit Bus und Straßenbahn, smarte individuelle Sharing-Angebote (Car-Sharing Angebote wie Moia oder Uber, Sammeltaxis, Elektroroller) und auch die Deutsche Bahn. Gerade letztere zeichnet sich in Deutschland nicht mehr durch Verlässlichkeit aus. Aktuell leidet die Deutsche Bahn durch hohen Krankenstand unter enorm hohem Personalmangel. Erst vor wenigen Tagen erschien ein Tweet aus dem Saarland, der das Dilemma der Deutschen Bahn auf den Punkt bringt: „Wegen Witterung: Alle ICE-Verbindungen zwischen #Saarbrücken #Saarland und #Paris fallen heute aus. Der TGV fährt auf der Strecke planmäßig“.  

„Auto und Flugzeug dürfen nicht verteufelt werden, solange es keine sinnvollen und klimafreundlichen Alternativen gibt.“

Die Debatten um klimafreundliche Mobilität sind richtig. Falsch ist jedoch, in überstürzten Aktionismus zu verfallen und Verbote zu verhängen, ohne gleichzeitig sinnvolle Alternativen anzubieten. Solange einzelne Busse im Ammerland nur stündlich fahren, wird das Auto weiterhin das Fortbewegungsmittel der Wahl bleiben. Gleiches gilt für die Deutsche Bahn, die gerade im Winter scheinbar immer wieder von der Witterung überrascht wird und das Kraftfahrzeug das verlässlichere Fortbewegungsmittel zu sein scheint, um von A nach B zu kommen. Diskussionen über Mobilität müssen in Zukunft wieder faktenorientierter werden. Das heißt einerseits: Es müssen sinnvolle Alternativen geschaffen werden, bevor ganze Industrien mit Verboten vor große Herausforderungen gestellt werden. Technologieoffenheit ist hierbei gleichermaßen wichtig wie ein Mit- statt Gegeneinander in der Debatte um die Mobilität von morgen. Auto und Flugzeug dürfen nicht verteufelt werden, solange es keine sinnvollen und klimafreundlichen Alternativen gibt. Andererseits müssen Fragen erlaubt sein nach der Klimafreundlichkeit des Stroms in Ladesäulen für Autos und E-Busse. Auch die Produktion von Batterien muss genauer unter die Lupe genommen werden. Dass Elektroroller in Großstädten abends von dieselbetriebenen Transportern eingesammelt werden, kann auch keine glaubwürdige Lösung sein. Das gegenseitige Anlügen und die Augenwischerei müssen endlich aufhören!