Wenige Tage vor der für den 30. Januar angekündigten Jäger-Demonstration in Hannover überschattet eine Frage die Debatte: Welches Recht haben Bedienstete des Staates oder von Körperschaften öffentlichen Rechts, an politischen Kundgebungen oder Protestaktionen teilzunehmen? Den Auslöser dafür hatte der Leiter des Geschäftsbereichs Forst der Landwirtschaftskammer gegeben. Er hatte nach der Rückkehr von einer Dienstbesprechung im Ministerium eine Mail an seine Mitarbeiter geschickt. Darin untersagte er diesen zunächst die Teilnahme „an Demonstrationen und ähnlich gearteten jagdlichen Veranstaltungen und Kundgebungen im Dienst“. Dann fügte der Bereichsleiter hinzu: „Außerhalb des Dienstes rate ich von einer Teilnahme für Bedienstete der Landwirtschaftskammer dringend ab und untersage das Tragen von Uniformteilen.“ Er begründete das mit seinen Zweifeln am Wahrheitsgehalt der Positionen der Jägerschaft.

Gerhard Schwetje. | Foto: Kleinwächter

Diese Botschaft hat nun einige Aufregung verursacht. Der CDU-Abgeordnete Dirk Toepffer, selbst passionierter Jäger, schickte eine „kleine Anfrage“ an die Staatskanzlei: „Teilt die Landesregierung die Auffassung, wonach die als ,dringender Rat‘ formulierte Aufforderung an die Beschäftigten aus deren Sicht als ein mit einer Drohung verbundener Einschüchterungsversuch empfunden wird?“ Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (DBB) in Niedersachsen, Alexander Zimbehl, nannte die Mail des Geschäftsbereichsleiters „mindestens bedenklich“. Bei den Beschäftigten werde damit der Eindruck vermittelt, dass aus einer Demonstrationsteilnahme „dienstliche Konsequenzen entstehen könnten“. Die Debatte kommt auch für die Landesregierung ungelegen, da im Zusammenhang mit der für die nahe Zukunft geplanten Verschärfung des Disziplinarrechts schon vergangenen November der Vorwurf laut wurde, Beamte sollten bei abweichenden politischen Positionen gegängelt oder diskreditiert werden.

Die Landwirtschaftskammer selbst rückte am Donnerstag, einen Tag nach dem Bekanntwerden des Vorgangs, von der Mail ihres Geschäftsbereichsleiters ab. Präsident Gerhard Schwetje und Kammerdirektor Bernd von Garmissen versicherten: „Unsere Mitarbeiter können in ihrer Freizeit selbstverständlich jederzeit an genehmigten Demonstrationen und Kundgebungen teilnehmen – nicht aber während ihrer Dienstzeit und nicht in Dienstkleidung.“ Beide weisen auf das Neutralitäts- und Mäßigungsgebot für Beamte hin, betonen aber auch, dass die Mitarbeiter der Kammer sich als Staatsbürger am Prozess der demokratischen Willensbildung beteiligen können und auch sollen. Das ist eine klare Abgrenzung von der Position, die der Geschäftsbereichsleiter eingenommen hatte.

Helmut Dammann-Tamke. | Foto: DJV/Kapuhs

Jägerschaft mit rot-grünen Ideen unzufrieden: Zwischen Jägerschaft und Agrarministerium war Ende 2024 ein Streit über die Jagdhunde-Ausbildung eskaliert. Ministerin Miriam Staudte hatte im Dezember angedeutet, die Hundeausbildung an lebenden Tieren verbieten zu wollen, Ausnahmen aber per Verordnung festzulegen. Am Donnerstag sagte Helmut Dammann-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft: „Wenn die Ausbildung unserer Jagdhunde am lebenden Wild nicht gegen tierschutzrechtliche Regelungen verstößt, gehört diese grundsätzlich erlaubt, um über den Verordnungsweg dann die Details zu regeln.“ Das sei „die rote Linie“ der Landesjägerschaft. Zu dieser Frage steht in den am 22. Januar eilig festgelegten Eckpunkten der rot-grünen Koalition allerdings nichts. Dammann-Tamke sagte gestern, die Regierung bleibe hier „nebulös“. Umstritten ist außerdem noch die Frage, ob Jägern weiterhin erlaubt werden soll, streunende Katzen abzuschießen. Dazu steht in den neuen Eckpunkten: „Wildernde Katzen dürfen zur Sicherung des Artenschutzes weiterhin geschossen werden. Dies gilt jedoch nur, wenn sie sich mehr als 350 Meter vom nächsten bewohnten Haus entfernt in einem Jagdrevier aufhalten (bisher 300 Meter) und erkennbar verwildert sind. Der Abschuss von Hauskatzen ist demnach künftig nicht mehr erlaubt.“ Die Frage ist nun, wie ein Jäger – noch dazu in der Dämmerung – Hauskatzen und verwilderte Katzen unterscheiden soll. Außerdem ist rätselhaft, wie die 350-Meter-Entfernung exakt gemessen werden kann.