Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist nach Ansicht von Experten kein Misserfolg. Unsicherheiten seien am Anfang ganz selbstverständlich, sagte die Professorin Tina Krügel vom Institut für Rechtsinformatik an der Universität Hannover. „Es ist positiv, dass es inzwischen eine intensive Beschäftigung mit dem Datenschutz gibt – auch bei Unternehmen, die sich vorher nicht darum gekümmert hätten“, sagte Krügel auf einer Veranstaltung der Hannover IT mit dem Titel „100 Tage DSGVO“.

UVN-Chef Volker Müller bei der Veranstaltung „100 Tage DSGVO“ – Foto: MB.

Bestimmte Unternehmen hätten vorher teilweise ihre Hausaufgaben nicht gemacht, stellte auch die niedersächsische Datenschutzbeauftragte, Barbara Thiel, fest. Mit der DSGVO sei die Sensibilität sei gewachsen. Die Unsicherheiten und Nachlässigkeiten hätten bei der Einführung der Verordnung zu viel Hektik geführt – auch in Politik und Medien. Thiel kritisierte, es seien Horrorszenarien wie zum Beispiel Bußgelder in Millionenhöhe an die Wand gemalt worden. Krügel wies zugleich darauf hin, dass es noch Rechtsunsicherheiten gebe, das sei zu Beginn einer solchen Verordnung aber ganz selbstverständlich. Als Beispiel nannte sie Verfahrensverzeichnisse. Laut DSGVO müssen Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten keine erstellen, es sei denn, es handelt sich um eine Verarbeitung, die „nicht nur gelegentlich“ erfolgt. Unklar bleibt Krügel zufolge, ob das Ausfüllen eines Spielberichts im Verein unter den Begriff „gelegentlich“ fällt. Teilweise sei die Verordnung sehr schwammig formuliert, kritisierte die Professorin der Uni Hannover. Thiel plädierte dafür, nicht rechtsdogmatisch, sondern pragmatisch an die Umsetzung herangehen. „Jetzt schauen wir mal, wie wir das Datenschutzrecht in den nächsten drei bis fünf Jahren umsetzen werden.“

Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, hofft auf praxistaugliche Regelungen – gerade für mittelständische Unternehmen. Viele Unternehmen mit wenigen Beschäftigten könnten solche komplexen Sachverhalte kaum umsetzen, sagte Müller. Ansgar Heise, Gründer des gleichnamigen Medienunternehmens, warnte davor, dass Deutschland in der Digitalisierung zurückfallen könnten. „Unternehmen rufen uns an und sagen: Schaltet unsere Internetseite ab“, berichtete Heise. Joerg Heidrich, Datenschutzexperte bei Heise Medien, ärgert sich derweil über das Argument, bei wem vorher alles in Ordnung gewesen sei, habe nach Inkrafttreten der DSGVO kaum etwas ändern müssen. Das sei nicht richtig, sagte Heidrich. In seinem Unternehmen seien zum Beispiel 75 Auftragsverarbeitungsverträge geprüft worden. Ein Drittel davon sei unbrauchbar gewesen, ein Drittel musste nachgearbeitet werden. Die Prüfung habe vier Monate lang gedauert.