Undichte Toiletten, kaputte Fenster und Putz, der großflächig von Wänden und Decken bröckelt: Bei vielen Dienststellen der Polizei in Niedersachsen sind die besten Tage lange vorbei. Nach einem Vorfall in der Zentralen Polizeidirektion im Januar, bei dem in einer Umkleide der Bereitschaftspolizei aus einer Neonröhre das inzwischen verbotene Gift PCB ausgetreten ist, ist die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit ihrer Geduld am Ende. In der neuen Ausgabe ihrer Mitgliederzeitschrift, die diese Woche erscheint, fordert sie die Polizisten auf, Fotos und Berichte von den Schäden in ihren Dienststellen einzusenden. Sie sollen der Landesverwaltung einen Eindruck davon geben, wie groß die Probleme durch den Sanierungsstau mittlerweile geworden sind. „Es wird ja auch von der gesamten Polizeiführung gar nicht mehr bestritten, dass es Sanierungsbedarf gibt“, sagt Dietmar Schilff. „Doch die Sanierungen werden nicht vehement genug vorangetrieben.“ Der GdP-Landesvorsitzende schätzt den Investitionsbedarf auf eine Summe zwischen 20 und 30 Millionen Euro. Nach Schätzungen des Finanzministeriums werden dieses Jahr voraussichtlich fünf bis sieben Millionen Euro aus dem Haushalt für Sanierungsmaßnahmen an Polizeiliegenschaften ausgegeben.

Die Grenzwerte im Trinkwasser müssen kontinuierlich überprüft werden, sonst setzt man die Gesundheit der Polizisten aufs Spiel.

Die Fotos, mit denen die GdP ihren Aufruf illustriert, zeigen drastische Mängel. In einer Duschkabine ist großflächig der Putz abgebrochen, das Abflussrohr und der Spülkasten einer Toilette sind nicht richtig abgedichtet und bei einer Treppenstufe fehlt der Bodenbelag. „In viele Dienststellen ist jahrzehntelang nicht investiert worden“, sagt Schilff. Die Polizisten würden viele Missstände auch gar nicht mehr bemerken, so sehr habe man sich daran gewöhnt. Doch der Verfall sieht nicht nur unschön aus, er birgt für die Beamten auch gesundheitliche Gefahren. „Man weiß nicht genau, wie gefährlich die Schadstoffe sind, die über veraltete Leitungen ins Trinkwasser gelangen“, sagt Schilff. Das sei unverantwortlich, vor allem, da die Polizisten im vergangenen Sommer auch noch dazu aufgefordert wurden, Wasser aus den Leitungen zu trinken. „Die Grenzwerte von Stoffen wie Blei im Trinkwasser müssen in den Dienststellen kontinuierlich überprüft werden, sonst setzt man die Gesundheit der Polizisten aufs Spiel“, fordert Schilff.


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Von der Landesregierung heißt es, Innen- und Finanzministerium arbeiteten an einer dauerhaften Verbesserung der Unterbringung, die bei den verfügbaren Haushaltsmitteln möglich sei. Neben den beiden Großprojekten Sanierungsmaßnahmen an der Polizeidirektion Hannover und Erweiterung des Landeskriminalamts (LKA)  gebe es noch an mindestens 17 weiteren Standorten kleinere Bau- und Sanierungsmaßnahmen. Darunter finden sich etwa auch einige von der GdP geforderte Sanierungen von Trinkwasserleitungen und Sanitäranlagen (Polizeiakademie Oldenburg, Polizeiwerkstatt Aurich, Polizeiinspektion Leer/Emden, Zentrale Kriminalinspektion Lüneburg, Polizeikommissariat Walsrode). Dazu kommen eine Dachsanierung an der Inspektion Hameln, Rückbaumaßnahmen von Tankstellen, eine Brandschutznachrüstung in der Direktion Lüneburg und zwei neue Trainingszentren in Lüneburg und in Wietmarschen. Jede dieser Einzelmaßnahmen kostet nach Angaben des Ministeriums weniger als 2 Millionen Euro. Insgesamt stehen dem Innenministerium für solche kleineren Baumaßnahmen in diesem Jahr rund 4,8 Millionen Euro zur Verfügung.

Umbau der Direktion Hannover soll 2020 starten

Die beiden großen Bauprojekte dagegen sind direkt im Haushaltsplan aufgeführt. Für die Sanierung und Erweiterung des LKA wird mit Gesamtkosten von rund 131,1 Millionen Euro gerechnet, derzeit laufe das Ausschreibungsverfahren. Insgesamt 35,7 Millionen Euro soll die Sanierung der Gebäude der Polizeidirektion Hannover an der Waterloostraße kosten, die gerade in der Planungsphase ist. „In diesem Jahr werden auf dem Grundstück vorbereitende Maßnahmen vorgenommen, die Bauarbeiten selbst sollen 2020 starten“, sagt Antje Tiede, Sprecherin des Finanzministeriums. Ein anderes Großprojekt im Bereich der Direktion Hannover soll Mitte 2020 endlich fertig sein: Der Umbau der Inspektion in der Herschelstraße. Hier war im vergangenen Sommer unter anderem asbesthaltiger Putz entdeckt worden. Derzeit werde hier die Baustelle für die Abbrucharbeiten und die Schadstoffsanierung eingerichtet.