Wenn die 21 Universitäten und Hochschulen in Niedersachsen angemessen saniert, modernisiert und auch erweitert werden sollen, braucht man dafür eine Summe von 4,3 Milliarden Euro. Das geht aus einem bislang unveröffentlichten Gutachten der Landeshochschulkonferenz (LHK) hervor, das dem Politikjournal Rundblick vorliegt.

Ein sechsköpfiger Expertenrat aus Wissenschaftlern und Hochschulpraktikern benachbarter Bundesländer hatte die Universitätslandschaft in Niedersachsen eingehend untersucht und Vorschläge für ein Ende des oft beschworenen Investitionsstaus entwickelt. Geleitet wurde das Gremium vom langjährigen Generalsekretär der Volkswagenstiftung, Wilhelm Krull.

An den Hochschulen gibt es immer etwas zu sanieren, die Kosten gehen in die Milliarden – Foto (M.): mije shots; MB; BildPix.de

Die Fachleute schlagen nun mehrere Änderungen vor: Die Hochschulen sollten freier über eigene Mittel entscheiden, die Summe der jährlichen Bauunterhaltung, die den Universitäten im Etat bereitsteht, müsse verdreifacht werden. Außerdem plädiert das Gremium dafür, das umstrittene und gerade jüngst wieder heftige kritisierte ÖPP-Verfahren bei Investitionen für Hochschulen anzuwenden. Das heißt, sie sprechen sich für Finanzierungsmodelle aus, in denen private Investoren sich an derartigen Projekten beteiligen.

Weniger Platz für immer mehr Studenten

Der Präsident der LHK, Hildesheims Uni-Präsident Prof. Wolfgang-Uwe Friedrich, beschreibt im Vorwort der Studie eine „problematische Entwicklung“ in Niedersachsen: Anders als in anderen Bundesländern müssten hierzulande die Hochschulen selbst Rücklagen bilden, um sich an den Baukosten zu beteiligen – anstatt ihre Mittel vollständig auf Lehre und Forschung konzentrieren zu können. Diese Eigenanteile bewegten sich zwischen 20 und 60 Prozent. So entstehe auch bei manchen Politikern der fälschliche Eindruck, es befinde sich „genug Geld im System“, was aber nicht stimme.


Lesen Sie auch:

Verdi warnt: ÖPP-Projekte sind risikoreich

Privatgeld für unterfinanzierte Uni-Kliniken?


Im Gutachten heißt es nun, dass sich die Studienbedingungen stark verändert hätten. Am Beispiel der Uni Hildesheim werde klar, dass die zur Verfügung stehende Quadratmeterzahl je Student durchschnittlich in den vergangenen zehn Jahren von 6,9 auf 4,9 gesunken sei, während die Zahl der Beschäftigten um 60 Prozent und die der Studenten gar um 82 Prozent gestiegen sei.

2017 hatte das Land im Sondervermögen für die Uni-Kliniken auch einen Betrag von 150 Millionen abgezweigt, dieses Geld sei aber „bereits vollständig verplant und in keiner Weise ausreichend“. So schlägt der Expertenrat im Gutachten vor, in den kommenden drei bis vier Jahren jährlich 300 Millionen Euro zur Seite zu legen und so den Etat für ein erstes Bauprogramm zunächst auf eine Milliarde Euro aufzustocken. Für den Rest müsse man in den kommenden acht bis zehn Jahren einen Vorschlag entwickeln.

Eine „landesweite strategische Masterplanung“ sei sinnvoll, meint der Expertenrat. Ein ÖPP-Verfahren hält das Gremium als eine Variante deshalb für sinnvoll, weil wegen der Niedrigzinsphase die privaten Investoren „auch niedrigere Renditen in Kauf zu nehmen“ bereit seien. Mit ÖPP könne schneller und flexibler gebaut werden – und man solle von den Hochschulen künftig nicht länger verlangen, bei jedem anvisierten ÖPP-Projekt eine Vergleichsrechnung zu einer rein öffentlichen Finanzierung vorlegen zu müssen. Dies sieht das Recht in Niedersachsen bisher so vor.

3,1 Milliarden allein für Sanierung und Modernisierung

Ein wesentlicher Teil des Gutachtens besteht aus Angaben der Hochschulen, welchen Sanierungsbedarf sie selbst sehen. Dabei kommt die Summe von 4,3 Milliarden Euro zusammen. Die größten Brocken sind die Uni Göttingen (872 Millionen), Uni Hannover (833 Millionen), Uni Braunschweig (677 Millionen), Uni Osnabrück (366 Millionen), Uni Oldenburg (441 Millionen), Uni Lüneburg (168 Millionen), TU Clausthal (158 Millionen) Uni Hildesheim (131 Millionen) und Hochschule Osnabrück (120 Millionen). Wenn man die Bestandserweiterungen ausklammere, schrumpfe die Summe von 4,3 auf 3,1 Milliarden Euro. Das beschreibe dann den erforderlichen Betrag allein für Sanierungen und Modernisierungen.