Am heutigen Montag können wir uns alle einmal gegenseitig freudig auf die Schultern klopfen; Händeschütteln ist pandemiebedingt allerdings noch immer keine gute Idee. Grund für den Jubel: Heute vor 75 Jahren, am 1. November 1946, wurde das Land Niedersachsen offiziell gegründet. In diesem Sinne: ein fröhliches Happy Birthday hinaus ins gesamte Land! Oder, um ein bisschen Lokalkolorit zu verbreiten, Hartlich Glückwunsch!

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Das verstehen nun vor allem die Ostfriesen, aber ich denke, bei diesen einfachen Wörtern kommt auch der Rest des Landes noch hinterher. Auf Plattdeutsch äußerte sich auch unsere am gestrigen Sonntag gekürte Niedersächsin der Woche. Johanne Modder sagte: „Verget nooit, waar du herkomst.“ Warum wir die SPD-Fraktionsvorsitzende geehrt haben, können Sie hier noch einmal nachlesen.

Dossier zum Landesgeburtstag

Das Land Niedersachsen wird 75 Jahre alt. In diesem Dossier präsentiert die Redaktion des Politikjournals Rundblick verschiedene Artikel rund um den Landesgeburtstag, zur Landesgeschichte und zu den eher missglückten Feierlichkeiten vor fünf Jahren. Mehr lesen (RB+)

Ich greife dieses Zitat aber aus einem anderen Grund noch einmal für die heutige TagesKolumne auf. „Vergiss nicht, wo Du herkommst“, gibt uns Hanne Modder mit auf den Weg. Zum Jubiläumstag passt das sehr gut – und auch zu der TagesKolumne, die Sie vor einer Woche an dieser Stelle lesen konnten. Vor sieben Tagen habe ich über jene Kunstaktion berichtet, die derzeit an und auf dem Reiterdenkmal des früheren hannöverschen Königs Ernst August veranstaltet wird – und habe eine Verbindung hergestellt zur Wokeness-Bewegung und Schmierereien am Denkmal der Göttinger Sieben vorm Landtag oder an der Statue Martin Luthers vor der Marktkirche. Abschließend habe ich damals geschrieben:

„Über die Identität des Landes wird dieser Tage häufig gesprochen. Beispielsweise in der kommenden Woche, wenn das Land Niedersachsen sein 75-jähriges Bestehen feiern kann. Welchen Beitrag haben dazu König Ernst August, Reformator Martin Luther oder die Wissenschaftler aus Göttingen geleistet?“

Eine schnelle, einfache Antwort werde ich auch eine Woche später nicht geben können. Da ich gefragt wurde, versuche ich mich aber an einer Annäherung: Was haben also der König, der Reformator und die Professoren zur niedersächsischen Identität beigetragen?

Dass die Reformation gesellschaftspolitisch viel in Gang gesetzt hat, lässt sich wohl kaum bestreiten. Wie wichtig dieser Vorgang vielen Niedersachsen noch heute ist, zeigt ja beispielsweise, dass wir gestern am Reformationstag einen gesetzlichen Feiertag begangen haben. (Haben Sie es bemerkt, auch ohne frei zu haben?)

König, Reformator und Göttinger Sieben – was haben die mit der niedersächsischen Identität zu tun? | Foto: Kleinwächter

Die Reformation führte schließlich über viele Umwege auch zur Personalunion: Jahrzehntelang saß der König von Hannover auch auf dem britischen Thron. Einer von denen, Georg II., kam irgendwann auf die Idee, eine Universität zu gründen – die Georg-August-Universität Göttingen, an der auch der Autor dieser Zeilen studiert hat und der, während er dieser Zeilen schrieb, einen Hoodie mit dem Siegel der Universität darauf trug, das bis heute eben jenen Georg August II. zeigt. Drei Generationen nach dem zweiten Georg saß dann ebenjener Ernst August auf dem hannöverschen Thron und legte sich mit sieben Professoren der von seinem Ur-Großvater gegründeten Universität an, weil er eine liberale Verfassung für den falschen Weg hielt. Wer soll ihm das verübeln, so einem König des 19. Jahrhunderts?

Letztlich kann man wohl schon gewisse Verbindungen sehen von den neun genannten Protagonisten zu dem, was wir heute an Niedersachsen schätzen: Eine bedeutsame Vergangenheit, wichtige Bildungsinstitutionen, widerständige liberale Köpfe – und einen kritischen Umgang mit alldem. Denn zum Glück gehört es heute auch zu Niedersachsen, dass ein evangelisch-lutherischer Landesbischof noch vor dem Reformationstag den interreligiösen Dialog sucht, dass kritische Studierende fordern, die Georgia Augusta umzubenennen und dass Künstler die Bevölkerung dazu anhalten, den alten König mit Farbe zu beklecksen.

Foto: Kleinwächter

Falls Ihnen dieser kleine Exkurs jetzt zu rückwärtsgewandt war, empfehle ich Ihnen wärmstens den Kommentar unseres Chefredakteurs Klaus Wallbaum. Im heutigen Rundblick wagt er einen Blick in die Zukunft des Landes: Wie wird Niedersachsen in 25 Jahren, wenn das 100-jährige Bestehen gefeiert wird, wohl aussehen? „Das wird ein verändertes Land sein, aber ein erfolgreiches“, schreibt er. Der Artikel bietet sicherlich einiges an Gesprächsstoff am Rande des Festaktes zum Landes-Jubiläum, der heute in Hannover veranstaltet wird. Wie es da so war, können Sie im Laufe des Tages auf unseren Social-Media-Kanälen verfolgen und dann in der Dienstagausgabe nachlesen.

Im Rundblick geht es heute außerdem um Katzen und Corona – herzlich willkommen zurück im Hier und Jetzt!

Ich wünsche Ihnen einen guten Wochenstart

Niklas Kleinwächter