Bei einem bundesweiten Aktionstag ist die Justiz gegen die Verfasser von Hasspostings gegen Politiker vorgegangen. BKA-Präsident Holger Münch und Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza wollen auch weiterhin hart bei solchen Verstößen durchgreifen. | Foto: BKA, MJ, GettyImages/asiandelight, Montage: Rundblick

Im Kampf gegen Hass im Netz gegen Politiker haben Ermittler am Dienstag bundesweit zahlreiche Verdächtige vernommen sowie Häuser und Wohnungen durchsucht. Die Aktion richtete sich gegen mehr als 100 Beschuldigte in 13 Bundesländern, darunter auch Niedersachsen. Das teilten das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden und die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft am Dienstag gemeinsam mit. Bei der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft ist die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität angesiedelt.

„Bei dem heutigen Aktionstag geht es vor allem um Hasskommentare, die im Zusammenhang mit der Bundestagswahl gepostet wurden. Es geht um Beleidigungen, Falschmeldungen und Falschzitate“, erläuterte Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza und sagte weiter: „Es geht um das ganze scheußliche Arsenal an Möglichkeiten, mit dem im Netz beschimpft, gehetzt und verleumdet wird. Es dürfte der erste bundesweite Aktionstag sein, bei dem der im vergangenen Jahr neu gefasste §188 Strafgesetzbuch im Mittelpunkt steht.“ Die CDU-Politikerin betonte, dass ein entschlossenes Vorgehen gegen Hasskriminalität nicht nur die Betroffenen und ihre Persönlichkeitsrechte schützt. Havliza: „Es hilft uns auch dabei, den politischen Diskurs und damit unsere Demokratie zu sichern.“

Laut BKA wurden über 600 Äußerungen auf Social-Media-Plattformen analysiert und auf strafbare Inhalte überprüft. „Im Rahmen dieses Ermittlungskomplexes konnten über 100 mutmaßliche Verfasser von Hasspostings identifiziert und Ermittlungsverfahren eingeleitet werden“, hieß es. Die Ermittlungsverfahren sind danach an die zuständigen Staatsanwaltschaften der Bundesländer weitergegeben worden.

Bei den Straftaten handelt es sich laut BKA einerseits um Beleidigungen gegen bundesweit bekannte Politikerinnen und Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien. Zwei Drittel der Betroffenen seien Frauen. Andererseits würden die Hasspostings irreführende Falschmeldungen und öffentlich dokumentierte Falschzitate enthalten, „die zur Diffamierung und Diskreditierung der Betroffenen geeignet erscheinen“.

„Die Meinungsfreiheit stößt an Grenzen, sobald es um Verleumdung, Beleidigung und Bedrohung geht. Mit dem Aktionstag machen wir klar: Wer Hassbotschaften postet, muss damit rechnen, dass danach die Polizei vor der Türe steht“, sagte BKA-Präsident Holger Münch.  Auch außerhalb solcher Aktionstage setze sich das Bundeskriminalamt intensiv gegen Hass und Hetze im Internet ein. „Mit unserer Zentralen Meldestelle für Strafbare Inhalte im Internet, kurz ZMI, verfolgen wir strafbare Inhalte im Netz seit Februar dieses Jahres noch intensiver“, so Münch.

In Niedersachsen ist die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet bei der Staatsanwaltschaft Göttingen angesiedelt. Hier gibt es dazu weitere Informationen.

Zum Hintergrund: §188 StGB

Grundlage für diese Ermittlungsverfahren bildet der im Frühjahr 2021 neu gefasste §188 Strafgesetzbuch (StGB), der die Beleidigung, die üble Nachrede und die Verleumdung von Personen des politischen Lebens besonders streng unter Strafe stellt. Dabei ist es unerheblich, ob Geschädigte auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene tätig sind: Amts- und Mandatsträger werden von § 188 StGB ungeachtet der politischen Ebene gegen Hasspostings strafrechtlich besonders geschützt. Die Gesetzesnovelle sieht darüber hinaus in § 194 StGB vor, dass die zuständigen Behörden in besonders gravierenden Fällen öffentlicher Tatbegehung nicht auf Strafanträge der Betroffenen warten müssen, sondern wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung von Amts wegen einschreiten können.