Die Ministerin für Regionales, Bundes- und Europaangelegenheiten, Birgit Honé, sieht gute Zeiten auf die kleinen und mittelgroßen Städte in Niedersachsen zukommen. „Zukunftsforscher sagen dem ländlichen Raum und den dortigen Gemeinden hervorragende Chancen voraus“, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag in Hannover. Umfragen hätten im vergangenen Jahr ergeben, dass 13 Prozent der Großstädter ihre bisherige Heimat verlassen und auf dem Land heimisch werden wollten. Die Übersichtlichkeit und Ruhe des Landlebens sei dabei ebenso ausschlaggebend wie die Tatsache, dass es im Sommer in den größeren Städten viel heißer sei als außerhalb.

Regionalministerin Birgit Honé | Foto: Wallbaum

Das DIW habe schon 2014 einen Trend weg von den Ballungsräumen erkannt – und dieser habe sich in der Corona-Pandemie eher noch verstärkt. Nach den Worten von Honé ist die Digitalisierung förderlich für diesen Prozess. Wenn es egal sei, wo man arbeitet, dann könnten viele Beschäftigte eben auch an ihrem Wohnort bleiben und sich von dort mit der in der Großstadt liegenden Firmenzentrale vernetzen. Auch „Co-Working-Places“ in kleineren Städten seien sinnvoll – Büros in der Nähe der Wohnungen, in denen jene Mitarbeiter größerer Firmen ausweichen können, die am Wohnort, aber nicht in der eigenen Wohnung arbeiten wollen.

Kommunen können einen „Innenstadtmanager“ einstellen

Honé erinnerte in diesem Zusammenhang an das seit 2019 laufende Programm „Zukunftsräume“, das sich an Kommunen mit mindestens 10.000 Einwohner richtet und vorwiegend Klein- und mittelgroße Städte im Blick hat. In vier Antragsrunden hätten seither 100 Kommunen Interesse bekundet, 59 Projekte seien bisher ausgewählt und mit insgesamt 11,5 Millionen Euro gefördert worden. Für die nächste Stufe, die 2022 und 2023 greifen soll, stehen weitere 11 Millionen Euro zur Verfügung. Neu ist jetzt, dass auch Personalkosten gefördert werden können – wenn Kommunen einen „Innenstadtmanager“ einstellen wollen, können Zuschüsse auch genutzt werden, zwei Jahre lang ein Gehalt von E13 zahlen zu können.

Beispiel Verden: Hier werden leere Geschäfte in der Innenstadt für sechs Monate kostenfrei beispielsweise für Künstler angeboten | Foto: GettyImages/kama71

„Die Erfahrung zeigt, dass nach diesen zwei Jahren die betreffende Fachkraft dann von der Stadt übernommen werden kann“, sagte Honé. Sie zieht aus dem bisherigen Programm vor allem drei Lehren: Erstens sei die Bildung von Netzwerken und Ideenwerkstätten mindestens so wichtig wie die finanzielle Förderung. Zweitens hätten kleine Städte oft nicht das nötige Knowhow, daher fördere das Land auch Beratungen. Drittens sei die Aufwertung von Innenstädten ein kontinuierlicher Prozess, der nicht mit einer einmaligen Investition getan sei.

Die Ministerin nennt nun mehrere positive Beispiele: In Verden werden leere Geschäfte in der Innenstadt für sechs Monate kostenfrei beispielsweise für Künstler angeboten, in Lingen übernimmt die Stadt die „letzte Meile“, also die Zustellung der Pakete an die Kunden. Über die Bündelung wird damit unnötiger Verkehr in der Stadt vermieden. In Bramsche sind Jugend-Bürgermeister aktiv geworden, die einen Jugend-Stadtplan entwickelt und auf gefährliche Stellen für Kinder hingewiesen haben. Mittelstädte hätten nur eine Chance, wenn man sich nicht auf Einkaufsangebote allein beschränke, sondern interessante Aufenthalts- und Verweilmöglichkeiten schaffe, Kultur einbeziehe und attraktive Veranstaltungen anbiete. Eine größere Bedeutung bekomme auch die Wiederbelebung regionaler Lieferketten – gerade jetzt, in einer Krise der internationalen Lieferketten.

Programm „Perspektive Innenstadt“: 205 Kommunen beteiligen sich an diesem Programm, diese haben schon 354 Einzelanträge eingereicht, bis Antragsschluss Ende Juni rechnet Honé mit 1000 Anträgen. Insgesamt 120 Millionen Euro stehen bereit, diese müssen bis spätestens Mai 2023 ausgegeben sein. Bedingung für die Vorhaben ist ausdrücklich nicht, dass die Projekte erst nach Billigung der Anträge begonnen werden dürfen.

Programm „Resiliente Innenstadt“: An größere Städte richtet sich dieses Programm mit 61 Millionen Euro Umfang. Nur 15 Kommunen sollen zum Zuge kommen, eine Jury unter Leitung des früheren hannoverschen Regionaldezernenten Axel Priebs soll die Auswahl treffen, da vermutlich mehr als 15 Bewerbungen eingehen werden. Im Sommer soll die Entscheidung darüber fallen.