Für eine „Aktion Abendsonne“ ist es nun zu spät: Die Landesregierung hat sich darauf verständigt, sechs Wochen vor der Landtagswahl keine Personalien mehr zu beschließen – also keine Beförderungen oder Neubesetzungen oberhalb und einschließlich der Besoldungsstufe B2 vorzunehmen. Damit ist die heutige Kabinettssitzung die letzte, in der noch über wichtige Personalfragen entschieden wird. Die nun beginnende Sechs-Wochen-Frist ist eine gewohnte gute Übung, mit der verhindert werden soll, dass kurz vor den Wahlen in der Hektik des politischen Geschäfts noch Fakten geschaffen werden. Für etwas Aufsehen sorgte vor wenigen Wochen noch der Wechsel des bisherigen Pressesprechers von Finanzminister Reinhold Hilbers in das Landesamt für Steuern. Dies schien kurzzeitig der Beleg einer These zu sein, dass das engere Umfeld eines Ministers rechtzeitig vor der Wahl den Wechsel vom Stab in die Linie anstrebt – um im möglichen Fall eines Ministerwechsels auf einen eher unpolitischen, also von kommenden Versetzungen weniger gefährdeten Bereich tätig werden zu können.

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Ob dieser Verdacht im Fall des Hilbers-Ministeriums berechtigt ist, scheint aber keinesfalls sicher. Vielmehr hängt auch manches damit zusammen, dass sich gerade jetzt nach verschiedenen Pensionierungen die Führungsspitze des Landesamtes für Steuern neu konstituiert. Mit Blick auf die anderen Ministerien sind in den vergangenen Monaten keine größeren personellen Änderungen auffällig geworden. Es gab in vielen Bereichen Aufstiege und Beförderungen, oft auch von Spitzenbeamten, die entweder der SPD oder der CDU nahe stehen. Eine gezielte „Aktion Abendsonne“ aber, eine Verabredung der Regierung, bestimmte Gruppen von Ministeriumsmitarbeitern kurz vor der Wahl noch einmal besonders aufzuwerten oder abzusichern, ist bisher nicht erkennbar geworden.  Für die heutige Kabinettssitzung ist das auch nicht mehr zu erwarten.

Unterdessen ergibt sich gerade in mehreren Ministerien eine interessante Ausgangslage. Dabei fällt der Blick auf die Abteilungen für zentrale Aufgaben, zu denen auch Personal- und Kabinettsangelegenheiten zählen. Diese gelten gemeinhin als „politisch“, und nach einem Wechsel des Ministers könnten die Leiter der Abteilungen die ersten sein, die dann in einen anderen Bereich versetzt werden könnten. Folgende Konstellationen deuten sich an:

Umweltministerium: Björn Ungruhe, bisher Leiter der Zentralabteilung und Vertrauter von Minister Lies, ist auf die Abteilung 3 (Immissionsschutz) gewechselt. Damit hätte ein neuer Minister Freiraum, einen ihm gemäßen Leiter der Zentralabteilung zu berufen.

Finanzministerium: Neben dem Pressesprecher ist auch der Vize-Leiter der Haushaltsabteilung, Oliver Vree, ins Landesamt für Steuern gegangen. Ulrich Soppe, Leiter des Planungsreferats, tritt die Nachfolge an. Bei dieser Besetzung spielt die Fachlichkeit eine große Rolle – und es wird mit dieser frühzeitigen Neuordnung des Bereichs für einen neuen Minister schwieriger, durch Umbesetzungen Beamte aus anderen Bereichen in die wichtige Haushaltsabteilung zu schieben.



Justizministerium: Die Leitung der Abteilung „Justizvollzug“ soll an die Referatsleiterin Christine Meyer gehen, bisher Leiterin des Referats Sicherheit. Meyer gilt als exzellente Expertin. Sollte ein neuer Minister das Haus übernehmen, könnte der Leiter der Personalabteilung, Thomas Matusche, in die Abteilung 2 (Zivilrecht) wechseln. Die dortige Abteilungsleiterin Katrin Rieke wird nämlich demnächst Präsidentin des Landessozialgerichts – sobald der Bremer Senat darüber befunden hat, was nur als Formsache gilt. Damit hätte im Fall der Fälle ein neuer Minister die Bahn frei für einen Personalabteilungsleiter seiner Wahl.

Agrarministerium: Der bisherige Personalreferatsleiter Denis Lehmkemper, der als CDU-nah gilt, ist zum Leiter der Raumordnungsabteilung aufgestiegen, verlässt also den politischen Stab des Ministeriums. Neue Personalreferatsleiterin ist Mareike Telkamp geworden, die früher schon im Innenministerium tätig war. Diese strategische Position ist hier also frisch besetzt worden, was Neubesetzungen unter einem neuen Minister nicht ausschließt, aber erschwert.

Kultus- und Hochschulministerium: In den vergangenen Monaten und Jahren hat sich einiges im Ministerium verändert. Die Leitung der Abteilung „Frühkindliche Bildung“ hat Anke Breusing übernommen, die früher Mitarbeiterin von Finanzminister Heiner Aller (SPD) war und später im Innenministerium die Härtefallkommission betreute. Die Besetzung zog sich lange hin wegen einer Konkurrentenklage. Leiter der Zentralabteilung ist Sebastian Böhrs, der früher Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion war. Im Wissenschaftsministerium sind ebenfalls in den vergangenen Jahren mehrere Führungsfunktionen neu besetzt worden, Minister Björn Thümler (CDU) war hier sehr rege.