Wird es in Zukunft eine Corona-Schutzimpfung jedes Jahr geben müssen, parallel zur üblichen Grippeschutzimpfung? Sozialministerin Daniela Behrens (SPD) sagt, es lägen hierzu „noch keine gesicherten Erkenntnisse“ vor. Man erwarte im Herbst Klarheit darüber, die Untersuchungen liefen noch. Rein vorsorglich will die Landesregierung aber schon damit beginnen, die mobilen Impfteams auf eine „Auffrischungsimpfung“ in den Alten- und Pflegeheimen vorzubereiten. Dies könne beginnen, sobald die bisherigen Impfzentren in den Kommunen Ende September schließen werden und dann eine kleinere Zahl an „mobilen Impfteams“ eingerichtet wird. Deren Stärke soll sich an der Bevölkerungszahl im jeweiligen Landkreis ausrichten – und deren Aufgabe wird es sein, die Menschen für die Impfung aufzusuchen. Das betreffe dann auch die Senioren in den Heimen, zumal bei vielen älteren Menschen „das Immunsystem meist schwach ausgeprägt“ sei.

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Wiederholt sei es in Deutschland auch vorgekommen, dass es Infektionen in Altenheimen gegeben habe, obwohl alle Bewohner und auch alle dort Beschäftigten geimpft gewesen sind. Für den Fall, dass die Experten am Ende für alle Erwachsenen eine jährliche Wiederholung der Corona-Schutzimpfung empfehlen werden, sieht Behrens das System als gut ausgerüstet dafür an. 8000 Arztpraxen in Niedersachsen könnten sich an den Corona-Impfungen beteiligen, 4500 davon nutzten bisher diese Möglichkeit auch. Gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung sei das Sozialministerium der Meinung, dass dieses Angebot ausreiche. Die Sozialministerin sieht auch hoffnungsvolle Signale vom Hersteller des Impfstoffs Biontech. Dieser habe in Aussicht gestellt, dass man künftig eine Grippe- und eine Corona-SchutzImpfung künftig werde miteinander in einer Spritze verknüpfen können.

Diese Vorzüge böten die MRNA-Impfstoffe, zu denen auch Biontech zähle. „MRNA liefert einen ähnlichen Quantensprung in der Wirkstoffproduktion wie früher die Erfindung des Antibiotikums“, hob Behrens hervor. Der Vector-Impfstoff Astrazeneca falle leider dahinter zurück, obwohl er sehr wirksam sei. Nachdem aber die Ständige Impfkommission zum vierten Mal die Empfehlungen zu diesen Stoff geändert habe, hätten die Menschen verwirrt reagiert und entschieden, von Astrazeneca lieber die Finger zu lassen. Der Bund wolle die übriggebliebenen Dosen jetzt übernehmen und an andere Staaten vergeben. Behrens stellte klar, dass Astrazeneca als Erstimpfstoff weiter hoch wirksam sei, wenn er in der Zweitimpfung mit einem MRNA-Impfstoff verknüpft werde.

Impfkampagne startet im August: Eine eigene, 3,6 Millionen Euro teure Werbeaktion für das Impfen startet das Land im August, der Leitspruch lautet „Geimpft sind wir stärker“. Sie wird in acht Sprachen ausgerichtet. Prof. Hubert Meyer vom Landkreistag und Dirk-Ulrich Mende vom Städtetag erklärten, die Kommunen würden über Ende September hinaus gern weiter mobile Impfteams bereitstellen. Nötig seien dafür aber „ausreichende Finanzen und ein verlässlicher rechtlicher Rahmen“. Man sei im Gesprächen mit dem Sozialministerium.

Abweichungen vom Inzidenz-Wert: Im Herbst, stellte Behrens klar, sollten neue Parameter maßgeblich sein für die Entscheidung, ob regional Kontaktbeschränkungen verhängt werden – neben der Inzidenz soll auch die Impfquote einbezogen werden. Da die Auslastung der Intensivmedizin in den Kliniken sich nicht auf jeden Kreis herunterbrechen lasse, komme dieser Faktor wohl nicht in Betracht beim neuen Beurteilungsmaßstab.

Flexibilität in der Corona-Verordnung: In der neuen, aktuell gültigen Landes-Verordnung werden Diskotheken, Clubs und Shisha-Bars schon geschlossen, wenn im Kreis die Inzidenz 10 überschreitet (statt bisher 35). Auf der anderen Seite können Kommunen auf großflächige Kontaktbegrenzungen und Schließungen von Kindergärten, Sportstätten und Großveranstaltungen verzichten, selbst wenn die Inzidenz 35 übersteigt – vorausgesetzt ist jedoch, dass sich die Ansteckungen bestimmten Orten oder Ereignissen (etwa Disko-Veranstaltungen oder Abi-Feiern) zuordnen ließen.

Kritik der Opposition: Julia Hamburg (Grüne) rügte in der „Neuen Presse“, es sei verkehrt, die Verantwortung auf die Kommunen abzuladen. Landesweit einheitliche Regeln wären besser als der jetzt eingeschlagene Weg, den Kommunen Abweichungen von den in der Verordnung genannten Einschränkungen zu ermöglichen. Stefan Birkner (FDP) meinte: „Wir hätten jetzt Mut und Klarheit gebraucht, stattdessen gibt es erneut Verwirrung und Unsicherheit.“