Nach dreitägiger intensiver Beratung hat der niedersächsische Landtag am Donnerstag zur Mittagszeit den Landeshaushalt für die Jahre 2022 und 2023 beschlossen. SPD und CDU stimmten dafür, Grüne und FDP waren ebenso dagegen wie die neun fraktionslosen Abgeordneten, die früher die AfD-Fraktion gebildet hatten. Das Land will demnach im nächsten Jahr 35,9 Milliarden Euro ausgeben, im Jahr 2023 dann 38,7 Milliarden Euro. Eine Neuverschuldung ist nicht vorgesehen, allerdings soll das Corona-Sondervermögen für die Bekämpfung der Pandemie weiterhin genutzt werden.

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Die Personalausgaben liegen im kommenden Jahr bei 14,4 Milliarden Euro, im Jahr darauf bei 14,9 Milliarden Euro. Besondere Schwerpunkte sind die Aufstockung der Medizin-Studienplätze für die European Medical School (EMS) in Oldenburg, die Einführung einer Landarzt-Quote, der Start für ein günstiges Schüler- und Auszubildenden-Ticket für Busse und Bahnen und der Beginn der Ausbildungsoffensive für Kindergarten-Erzieher. Die Investitionsförderung für Kliniken wird von bisher jährlich 120 Millionen auf 150 Millionen Euro erhöht, eine Steigerung, die aber weit unterhalb der Forderungen von Kommunen und Krankenhausgesellschaft bleibt.

Birkner: CDU hat sich „schon in die Opposition verabschiedet“

In der Schlussdebatte unmittelbar vor dem Landtagsbeschluss fiel diesmal auf, wie stark die beiden Oppositionsparteien, Grüne und FDP, vor allem Angriffe auf die CDU-Landtagsfraktion richteten. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Julia Hamburg meinte, die SPD hätte in der Koalition „ihre Richtlinienkompetenz“ als größerer Partner gegenüber der CDU nutzen sollen. Die christdemokratischen Minister hätten sich nach Ausbruch der Corona-Pandemie „hinter dem Rücken der sozialdemokratischen Regierungsmitglieder versteckt“ und versucht, sich auf deren Kosten mit Kritik zu profilieren. Seit November, mit Bildung der Ampel-Koalition in Berlin, sei die CDU nun „endgültig in der Opposition angekommen“.

FDP-Chef Stefan Birkner. | Foto: Kleinwächter (Archiv)

Bei der SPD verstehe sie nicht, sagte Hamburg, dass sie den von ihr eigentlich befürworteten Investitionsfonds, der sich aus Kreditmitteln speist, nur wegen Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner CDU ablehne. Von Ministerpräsident Stephan Weil hätte sie erwartet, erklärte die Grünen-Fraktionsvorsitzende, dass er auch die schwachen Seiten von Niedersachsen zur Kenntnis nehme – lange Schlangen von Wohnungssuchenden in Großstädten, unzumutbare Schultoiletten, schlecht ausgestattete Hochschulen, schlechter Netzausbau und Mängel im Bus- und Bahnverkehr auf dem Lande. Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner arbeitete sich vor allem an der CDU ab. Er hielt seinem CDU-Kollegen Dirk Toepffer vor, seine Rede von Wochenbeginn zeuge von „Mutlosigkeit, Kraftlosigkeit und Enttäuschung“. Die CDU habe sich „schon in die Opposition verabschiedet“ und lasse Engagement in der Sache vermissen. „Dabei hat diese Regierung doch noch zehn Monate“.

Toepffer: Wir bleiben „unserer Marke treu“

Der so angesprochene Toepffer erwiderte, die CDU bleibe im Unterschied zur FDP „unserer Marke treu“, das zeige sich gerade in Berlin, wo die FDP momentan dabei sei, mit der geplanten Schuldenaufnahme des Bundes „ihren Markenkern zu verraten“. Tatsächlich habe die CDU den Anspruch, „über 2022 hinaus zu regieren, mit welchem Partner auch immer“. Gegenwärtig scheine es, als habe die CDU „nur noch einen Freund“, sagte Toepffer mit Blick in Richtung SPD. Aber mit jeder neuen Umfrage kämen auch neue Partner, das lehre die Erfahrung.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Toepffer. | Foto: Kleinwächter (Archiv)

Der CDU-Fraktionschef nannte eine Reihe von Gesetzen, die noch bis zur Landtagswahl Anfang Oktober beschlossen werden müssten – das Krankenhausgesetz, das Hochschulgesetz und das Raumordnungsprogramm mit neuen Flächen für die Windkraft. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder grenzte sich zunächst vom Tonfall ihrer Grünen-Kollegin Hamburg ab und meinte: „Passen sie mit ihrer Wortwahl auf, sonst finden sie sich am Ende in der Premium-Opposition wieder.“ Für die Grünen gelte jetzt „Vorsicht an der Bahnsteigkante“. Sie dankte Toepffer und dem gesamten Kabinett für die Arbeit in der schwierigen Corona-Zeit, außerdem den Haushaltsexperten der Fraktionen von SPD und CDU. Das Grünen-Modell eines landeseigenen Investitionsfonds, der selbstständig Kredite mobilisieren soll, finde die SPD „grundsätzlich positiv“, die Details des Grünen-Modells könnten aus Modders Sicht aber „nicht funktionieren“. Das FDP-Modell blende hingegen den Nachteil aus, dass Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) bei öffentlichen Investitionen „die private Gewinnerzielungsabsicht besteht“. Modder schonte im Vergleich zu früheren Reden diesmal die Freien Demokraten.

Die FDP befürwortet ÖPP, will daneben aber noch Geld für die Modernisierung von Infrastruktur zur Seite legen. Birkner verteidigte die Idee und betonte, dass die Einbeziehung von privaten Investoren in öffentliche Investitionen einen Vorzug habe: „Das garantiert eine effiziente und pünktliche Umsetzung zum geplanten Preis – anders als bei vielen rein öffentlich verantworteten Vorhaben.“