Die große, nicht abebbende Welle der Kritik an der neuen Pflegekammer hat den Landtag ins Grübeln gebracht. In der jüngsten Sitzung des Landtags-Sozialausschusses haben die Vertreter der Fraktionen intensiv über das bayerische Modell debattiert: Dort gibt es keine Zwangsmitgliedschaft der Pflegebeschäftigten in der Kammer und auch keine Pflichtbeiträge.

Wie eine Vertreterin der Landtagsjuristen erläuterte, muss die dortige Einrichtung angehört werden, wenn die Staatsregierung per Verordnung Erlasse etwa zur Fortbildung der Beschäftigten erlässt. Im Beirat sind auch die Arbeitgeber (also die Pflegeunternehmen) vertreten, außerdem dürften Pflegeverbände (also Vereinigungen der Arbeitgeber) dort mitwirken. Der Freistaat Bayern finanziert die Organisation. „Das scheint mir eher eine konzertierte Aktion zu sein – und weicht vom Gedanken ab, dass es hier vor allem um die Interessensvertretung für die in der Pflege beschäftigten Menschen geht“, sagt der SPD-Sozialexperte Uwe Schwarz. Kritisch beurteile er, dass eine finanziell vom Staat abhängige Kammer nicht wirklich frei agieren könne.


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Sowohl Schwarz als auch Volker Meyer (CDU) zeigten sich aufgeschlossen für Reformen. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet werden können, die Hälfte oder die volle Summe des Beitrags der Beschäftigten für die Kammermitgliedschaft zu tragen. Diesen Fall prüfen jetzt die Landtagsjuristen. Nach deren bisherigem Gutachten hätte der Landtag die Freiheit, von der Pflichtmitgliedschaft abzuweichen – obwohl sie im klassischen Kammermodell gedanklich vorausgesetzt werde, da die Kammer ja auch hoheitliche Aufgaben wahrnehme. Der Vorteil der niedersächsischen Kammer gegenüber dem bayerischen Modell sei, dass hier die Einrichtung der Selbstverwaltung eigenständig Fortbildungsordnungen festlegen könne und nicht auf die Landesregierung angewiesen sei.

FDP für „niedersächsischen Weg“ bei der Reform der Kammer

CDU-Mann Meyer sieht eine nachträgliche Anschubfinanzierung für die Kammer, die von den Grünen gefordert wird, skeptisch. Thela Wernstedt (SPD) sagte, die Pflege brauche in der Gesundheitspolitik der nächsten Jahre „eine starke Stimme“, dazu sei die Kammer geeignet. Meta Janssen-Kucz (Grüne) meinte, die Gewerkschaften hätten bisher als Interessensvertretung für die Pflegekräfte „wenig erreicht“. Stephan Bothe (AfD) sieht eine „starke Bewegung gegen die Kammer“. Christian Grascha (FDP) riet zu einem „niedersächsischen Weg“ bei der Reform der Kammer. Für die sprachen sich auch SPD und CDU aus, wobei sie von den Landtagsjuristen prüfen lassen wollen, unter welchen Voraussetzungen auch eine Auflösung der Pflegekammer in Betracht kommen könne.