Bleibt der Branchengipfel der Landwirtschaftsministerin ergebnislos? Nach zahlreichen Protesten der Landwirtschaft gegen zu geringe Entlohnung durch den Lebensmitteleinzelhandel hatte Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) die Spitzen von Lebensmittelketten und Branchenverbänden zu einem Krisengespräch geladen. Konkrete Ergebnisse wurden im Anschluss allerdings nicht verkündet, sondern ein nächster Termin für den 13. Januar anberaumt. Bis dahin sollen Lösungen erarbeitet werden. Aus den Oppositionsfraktionen des Landtags wurde dieses Vorgehen gestern in einer aktuellen Stunde der Grünen-Fraktion scharf kritisiert. „Sie dürfen nicht warten, bis andere Vorschläge machen. Sie müssen doch mit einer eigenen Haltung in diese Gespräche hineingehen“, warf Miriam Staudte (Grüne) der Ministerin vor. „Sie haben die Schieflagen treffend beschrieben, da müssen wir ran. Was ich vermisst habe, ist aber eine Antwort“, sagte Hermann Grupe (FDP).


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Otte-Kinast verteidigte ihr Vorgehen jedoch gegen diese Kritik: „Gemeinsam nach Lösungen zu suchen, ist Kern meiner Politik.“ Das Branchengespräch sei ein guter Auftakt gewesen für gerechtere Preise für höhere Qualität. In den kommenden Wochen sollen nun in Einzelgruppen gemeinsame Qualitätskriterien festgelegt werden, damit die Anforderungen an die Erzeuger überprüft werden können, erläuterte die Ministerin: „Die Verbraucher müssen klar erkennen können, wie und unter welchen Bedingungen Lebensmittel erzeugt wurden.“ Damit werde eine höhere Wertschätzung der Produkte erreicht, weshalb sie auch für ein staatliches Tierwohllabel werbe. Doch das reiche nicht aus: „Die Verbraucher sind nicht bereit, für ein Mehr an Tierwohl auch mehr zu bezahlen. Wir brauchen deshalb eine Tierwohlabgabe, weil es unseren Landwirten an der Ladentheke sonst nicht bezahlt wird.“

Grupe sieht Blockaden gerechtfertigt

Grüne und FDP sehen den Marktmechanismus in der Lebensmittelbranche derzeit außer Kraft gesetzt. „In einer Situation, in der der Wettbewerb nicht mehr funktioniert, weil eine Seite eine marktbeherrschende Stellung hat, muss die Politik einsteigen“, erklärte Staudte gestern im Landtag. 80 Prozent des Marktes würden von vier großen Konzernen dominiert, wodurch Preisabsprachen zulasten der Landwirtschaft erleichtert würden.

Für Grupe sind aufgrund dieser Situation auch die Bauernblockaden der vergangenen Wochen zu rechtfertigen: „Die kleinen Überschreitungen des Legalen waren mehr als berechtigt.“ Mit der Ankündigung der Schwarz-Gruppe, den Landwirten im kommenden Jahr eine Sonderzahlung in Höhe von 50 Millionen Euro zukommen zu lassen, habe man bei den Bauern allerdings einen empfindlichen Nerv getroffen. Geld allein werde das Problem nicht lösen. Die Landesregierung solle dennoch darüber nachdenken, ob die Landwirtsfamilien nun noch mit weiteren „millionenschweren Belastungen“ beladen werden dürften. Damit verwies Grupe auf die Maßnahmen, die künftig in den sogenannten „roten Gebieten“ mit einer zu hohen Stickstoffbelastung im Grundwasser greifen würden.

Preise steigen nicht, Erzeuger bekommt weniger

Die „oligopole Macht“ des Handels beklagte auch Marco Mohrmann von der CDU-Fraktion. Während die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse im Laden weitgehend gleichgeblieben seien, sinke der Erzeugerpreis immer weiter ab. Es sei dem Lebensmitteleinzelhandel gelungen, „die Marktspanne kräftig beim Rindfleisch und exorbitant beim Schweinefleisch zu vergrößern“, sagte Mohrmann. Die blanke Not treibe die Landwirtsfamilien nun mit Schleppern auf die Straße, weil die Lenkungswirkung des Marktes versagt habe. Der CDU-Mann sieht die Lösung nun in der Unterstützung wettbewerbsfähiger Strukturen. Dazu müsste mehr Geld auf die Höfe kommen, und zwar pro verkaufter Einheit mehr Geld für die Landwirtschaft. „Die höhere Anforderung ans Tierwohl muss als Dienstleistung jenseits des Marktes angemessen entlohnt werden“, so Mohrmann.

Für „ideologisch verblendete Agrarwende-Pläne der Grünen“ sei allerdings kein Platz. Damit widerspricht er Miriam Staudte, die erneut einen koordinierten Abbau der Überkapazitäten in der Lebensmittelbranche ins Spiel gebracht hatte. Die Landwirtschaft befinde sich derzeit in einem nie gekannten Transformationsprozess, das gehe nur mit den Landwirten und nicht gegen sie, sagte der Christdemokrat. Für einen Weg des Miteinanders wirbt auch Karin Logemann von der SPD-Fraktion. Sie verwies auf den „niedersächsischen Weg“, in dem eine Fortsetzung der Gespräche geregelt sei – mit dem Lebensmitteleinzelhandel und der Verbraucherseite.