Die CDU trifft sich in Bad Nenndorf zum Programmkongress. | Foto: Wallbaum

Die CDU hat am vergangenen Wochenende eine Zukunftsperspektive gewagt – und erste mögliche Inhalte für das Landtagswahlprogramm 2027 diskutiert. Zu diesem Anlass kamen 150 interessierte Mitglieder und Funktionsträger in der Wandelhalle des Kurzentrums Bad Nenndorf zusammen. Zum Auftakt erklärte CDU-Landeschef Sebastian Lechner, der CDU-Landesverband befinde sich derzeit „im Aufbruch“. Es gelte für die Landespolitik, die besonderen Möglichkeiten Niedersachsens zu benennen und in einer schonungslosen Analyse die Ist-Lage zu beschreiben.

Lena Düpont (links) und Carina Hermann leiten die Arbeitsgruppe zur Rechtsstaatsreform. | Foto: Wallbaum

Lechner präsentierte in Bad Nenndorf eine Mixtur aus verschiedenen aktuellen Untersuchungen und Rankings, in denen ein Vergleich der Bundesländer vorgenommen wird. Demnach bleibe Niedersachsen „fast überall leider Mittelmaß“. Beim Bruttoinlandsprodukt liege das Land auf Rang acht, bei der Verschuldung auf Platz drei – und bei der Clan-Kriminalität sei Niedersachsen leider hinter Nordrhein-Westfalen ein Hotspot. Der CDU-Landesvorsitzende nannte es „eine große Chance“, dass in Niedersachsen 70 Prozent aller Salzstöcke Deutschlands liegen – wenn man gleichzeitig berücksichtige, dass man derzeit Wasserstoff ausschließlich in Salzstöcken speichern könne. Bei der Digitalisierung der Verwaltung und bei Vereinfachung und Bürokratieabbau komme Niedersachsen einfach nicht voran. Dabei sei die elektronische Aktenbearbeitung ideal. „Ich werde Euch das Benutzen von Papier abgewöhnen“, sagte Lechner. Er wandte sich auch dem Bildungsbereich vor. „Derzeit muss ein Kindergarten wegen der eng gefassten Vorschriften schließen, weil zwar sechs pädagogische Fachkräfte anwesend sind, aber die beiden ausgebildeten Erzieherinnen krank sind. Das geht so nicht. Wie wäre es, wenn man der Kindergartenleitung gemeinsam mit der Stadtverwaltung anvertraut, den ordentlichen Betrieb sicherzustellen – ohne dass es detaillierte gesetzliche Vorgaben dafür gibt?“ Auch die Vielzahl an Landes-Förderprogrammen, von denen es mehr als 2000 gebe, sei „Planwirtschaft in Extremform“, weil die Bedingungen für die Teilnahme viel zu kompliziert und aufwendig seien.

Mehrere Vorschläge wurden in der CDU-Veranstaltung diskutiert:

  • Digitalisierung als Dienstleistung: Da Landesverwaltung bisher darauf besteht, eigene IT-Konzepte zu entwickeln, aber nötige Fachleute fehlen, schlägt Uwe Schünemann vor, die IT-Leistungen einzukaufen. Außerdem müsse die Verwaltungsreform besser durchgesetzt werden, indem eine zentral zuständige Stelle auch die Macht bekommen soll, für alle Ressorts verbindliche Anweisungen auszugeben. In der Schulverwaltung könne man überdies den Verwaltungsvollzug der Lehrer-Einstellung den Landkreisen übertragen.
  • Mutiger sein bei der Verbrechensbekämpfung: Carina Hermann und Lena Düpont erklärten, viele Möglichkeiten zur Stärkung des Rechtsstaates seien europa- und bundesrechtlich erlaubt, die Politik in Bund und Land traue sich trotzdem nicht dazu. Das gelte etwa für die Speicherung von Daten bei der Überwachung und Verdächtigen und Kriminellen. Was tägliche Situation an den Schulen anbelangt, ist die CDU besorgt über Berichte von Lehrern, die von ihren Schulleitungen gebeten worden sein sollen, gewalttätige Übergriffe von Schülern nicht anzuzeigen und darüber möglichst zu schweigen.
  • Privatisierung statt Verschuldung: Reinhold Hilbers schlug vor, das Vergaberecht zu vereinfachen und damit mehr Firmen die Möglichkeiten zu geben, sich an Ausschreibungen zu beteiligen. Außerdem müsse der gewaltige Rückstand von Investitionen auch durch eine Kombination von privaten und öffentlichen Investitionen beseitigt werden.
  • Verpflichtende Schullaufbahnempfehlung: In der Arbeitsgruppe Bildungspolitik wurden Klagen von Pädagogen laut, wonach zu viele Kinder von ihren Eltern ab Klasse fünf für das Gymnasium angemeldet werden, obwohl die Empfehlung der Schule davon abrät. Diskutiert wurde, ob sich die CDU für verpflichtende Schullaufbahnempfehlungen aussprechen soll. In Bayern, Thüringen und Sachsen gilt das freie Elternwahlrecht nicht – auch Schleswig-Holstein hat bestimmte Bedingungen (Notendurchschnitte in bestimmten Fächern) festgelegt.