Was muss noch alles kurzfristig geschehen, damit die Folgen der Gaskrise abgemildet oder abgewendet werden können? In der aktuellen Landtagsdebatte fragte Christian Grascha (FDP) die Regierung, ob es Überlegungen zu einem „niedersächsischen Rettungsschirm“ für die vor allem von den explodierenden Energiekosten belasteten Unternehmen gibt. Umweltminister Olaf Lies (SPD), der Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) zuvorkam, bestätigte das: „Wir sind über diese Frage in einem intensiven Austausch mit den Vertretern der Wirtschaft“. Wenn es ein solches Hilfsprogramm geben solle, „dann muss es auch wirken“. Man befinde sich bereits „in einer konzertierten Aktion“.

Olaf Lies im Landtag: „Wir sind über diese Frage in einem intensiven Austausch mit den Vertretern der Wirtschaft“ | Foto: Kleinwächter (Archiv)

Die Landtagsdebatte am Donnerstag konzentrierte sich allerdings auf energiepolitische Detailfragen – das aber sehr viel gedämpfter und verhaltener als noch am Mittwoch. Der SPD-Abgeordnete Marcus Bosse brachte es auf den Punkt: „Ich habe mich noch nie so bedroht gefühlt wie im Moment.“ Umweltminister Lies bot den Fraktionen an, trotz des Wahlkampfs in der nächsten Woche zu einer internen Konferenz zusammen zu kommen und bei dieser Gelegenheit über die verschiedenen Möglichkeiten zu reden. Sowohl Bosse, als auch Martin Bäumer (CDU), Christian Meyer (Grüne) und Stefan Birkner (FDP) nahmen das Angebot an und bedankten sich. In der Debatte wurde jedoch deutlich, dass in den energiepolitischen Fragen unterschiedliche Ansichten herrschen:

Biogas: CDU-Sprecher Bäumer sagte, er hoffe auf Änderungen bei den Biogasanlagen. Wenn die Gefahr drohe, dass sie zu viel Strom erzeugen, müssten sie derzeit abgeschaltet werden. Die Folge sei, dass dann auch keine Abwärme dort mehr entsteht und zur Wärmeerzeugung wieder Erdgas genutzt werden muss. „Das versteht niemand“, sagte Bäumer und fügte hinzu: „Es könnte sofort mehr Biogas entstehen, wenn die bisherigen Höchstgrenzen der Produktion angehoben werden.“ Hilbers, der den erkrankten Wirtschaftsminister Bernd Althusmann vertrat, gab zu bedenken, dass man auch mehr Gülle in die Biogasanlagen füllen könne – „wir müssten die Vorschriften nur flexibler gestalten“. Umweltminister Lies (SPD) gab sich hier skeptischer: Nach der bisherigen Verständigung seien die Biogasanlagen vorgesehen zum Schließen einer Stromlücke, nicht zum Ersatz der Stromproduktion. Da diese Anlagen bisher vor allem viel Eintrag von Mais erfordern, sind sie umstritten – auch mit Blick auf den enormen Flächenverbrauch für den Maisanbau. Nur zur Sicherstellung der Grundversorgung seien sie also geplant gewesen, hob Lies hervor. „Wir werden über die Anlagen reden, die auch für die Wärmeversorgung wichtig sind und deren Abschaltung dann eine Lücke reißen würde“, sagte der Minister.


Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.

Inhalt laden


Tiefen-Geothermie: FDP-Chef Birkner forderte, die Tiefen-Geothermie stärker zu fördern, auch über Ausfallbürgschaften für den Fall, dass eine kostenaufwendige Bohrung eines Unternehmens erfolglos bliebe. Lies meinte, dies sei richtig und sinnvoll – in Munster (Heidekreis) und Bad Bevensen (Kreis Uelzen) geschehe das bereits erfolgversprechend.


Lesen Sie auch:

Sind wir im Gaskrieg? Aufgeregte Politiker rufen zu Sparsamkeit und Umsicht auf


Kernenergie: Lies meinte, die Debatte über eine längere Laufzeit der Kernkraftwerke sei „sinnlos und falsch“, da ein Wiederhochfahren der Atomkraftwerke „Jahre dauern würde“. CDU-Sprecher Bäumer teilte diese Haltung und verwies darauf, dass die bisherigen Betreiber selbst kein Interesse an diesem Weg hätten. FDP-Chef Birkner widersprach vehement: Es gehe nur um den Weiterbetrieb der noch nicht abgeschalteten Atomkraftwerke um drei Monate, und es gebe ernstzunehmende Stimmen, die anders als Lies diese Möglichkeiten bejahen. Der TÜV habe es in einem Gutachten ähnlich beurteilt. „Wenn Kernenergie dazu führen könnte, fünf Prozent der Stromversorgung sicherzustellen, dann sollten wir diese nutzen und nicht stattdessen die klimaschädlichen Kohlekraftwerke betreiben“, betonte Birkner, „es fehlt nur der ernsthafte politische Wille, sich damit auseinanderzusetzen – da Kernkraft ja als böse gilt“.



LNG-Terminal Stade: Birkner kritisierte, die Planungen für den Bau eines Anlegers in Stade seien noch nicht so weit, dass schon im Mai 2023 ein LNG-Schiff dort an einer schwimmenden Einheit entladen werden kann. Lies widersprach: Die Planungsmittel für Stade (90 Millionen Euro in diesem Jahr) stünden bereit, parallel gebe es aber die Abstimmung mit dem Bund über die Frage, wo dieser für einen zweiten LNG-Platz investieren will – Brunsbüttel und Hamburg sind noch als Alternativen im Gespräch, laut Lies aber längst nicht so weit in der Vorbereitung. In den kommenden zwei Wochen solle der Bund sich entscheiden. Dennoch sagte Lies, der Anleger in Stade könne erst „im dritten Quartal 2023 fertig sein“, also nicht schon im Mai 2023. Die nächste Landesregierung sei dann gefordert, eine weitere Förderung des Projektes anzuweisen. Schneller gehe es leider nicht, auch wenn alle Schritte der Planungsbeschleunigung gegangen würden. Ulf Thiele (CDU) nannte es „einen Fehler“, dass mit dem beschleunigten LNG-Planungsrecht nicht auch das Verbandsklagerecht ausgesetzt worden sei. Immer noch drohe eine Klage der Deutschen Umwelt-Hilfe (DUH) gegen das Vorhaben.