Nach 18-monatiger Arbeit der Ehrenamtskommission übergibt die Ausschussvorsitzende Petra Tiemann (links) den Abschlussbericht an die Landtagspräsidentin Gabriele Andretta. | Foto: Niedersächsischer Landtag

Der Befund ist klar, die möglichen Lösungsvorschläge indes teilen die Geister. In der zurückliegenden Wahlperiode des Landtags wirkte einige Monate lang eine Enquetekommission, die sich mit den Chancen und Möglichkeiten der ehrenamtlichen Arbeit beschäftigte. Wie nötig Schritte sind, die Arbeit von ehrenamtlichen Kräften zu erleichtern und zu fördern, ist gerade in den vergangenen Jahren deutlich geworden. So stießen die Parteien bei dem Versuch, junge oder fähige Bewerber für kommunale Mandate zu finden, oft auf Hindernisse und Hürden. Auch in Vereinen, bei Feuerwehren oder Rettungsdiensten hört man häufig die Klage, dass es an Nachwuchs mangelt. Zu einer Krise und zur flächendeckenden Schließung von Angeboten führte das bisher zwar noch nicht, aber die Alarmsignale sind in der Landespolitik schon angekommen. Dass Hoheitsträger des Staates in ihren Einsätzen immer häufiger behindert, angepöbelt, beschimpft oder sogar tätlich angegriffen werden, ist ein recht neues Erscheinungsbild – auch das kann abträglich sein bei dem Versuch, für ehrenamtliche Tätigkeiten zu werben.

Die Ehrenamtskommission hatte in ihrem Abschlussbericht einige Gedankenanregungen gegeben, die nun vermutlich zum Start der neuen Wahlperiode und der neuen Landesregierung wieder hervorgekramt werden dürften. In den Diskussionen waren einige Punkte zwischen den Parteien auch umstritten. Hier ein Überblick:

Frauenförderung durch Paritätsgesetz: Gerade in der SPD, aber auch bei den Grünen gibt es starke Befürworter eines Paritätsgesetzes. Dieses könnte den Parteien vorschreiben, bei ihren internen Aufstellungen Sorge dafür zu tragen, dass mindestens jeder zweite Platz für eine weibliche Bewerberin reserviert wird. Das Problem ist jedoch, dass die bisherigen Landesgesetze dieser Art, so in Thüringen und Brandenburg, nicht rechtssicher formuliert waren und bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung scheiterten. Es gibt aber andere Wege, die Verfassungswidrigkeit zu vermeiden – etwa den, die Parteien zu zwingen, für jedes Landtags-Direktmandat künftig zwei Bewerber aufzustellen, einen Mann und eine Frau. Die Wähler hätten dann die Chance, zwischen den beiden zu entscheiden, wenn sie das Direktmandat dieser Partei ankreuzen wollen.

Mandatsunterbrechung: Bisher gilt im Kommunalrecht wie auch im Landtags- und Bundestagswahlrecht die Regel, dass ein gewählter Parlamentarier, Ratsherr oder Kreistagsabgeordneter ein einmal angenommenes Mandat zwar abgeben darf. In diesem Fall rückt aber ein anderer nach – und der ursprünglich Gewählte kann später nicht wieder zurückkehren. Regeln für eine Unterbrechung des Mandats (mit befristeter Vertretung) sieht das deutsche Recht bisher nicht vor. Das schreckt beispielsweise junge Eltern ab, die nach der Geburt ihres Kindes für einige Monate die Tätigkeit aussetzen, aber gern später dann dahin zurückkehren wollen.

Strenge Sitzungszeiten: Ehrenamtliche Arbeit gilt bisher als wenig attraktiv, da sie oft mit unendlichen Diskussionen in Abendterminen verbunden ist. Die Festlegung von starren End-Zeiten solcher Sitzungen könnte hilfreich sein und die Kombination von Familienleben und Ehrenamt erleichtern.

Koordinierungsstelle für das Ehrenamt: Viele Ehrenamtliche können Hilfestellungen nötig haben – zur Unterstützung von bürokratischen Notwendigkeiten etwa, oder auch, wenn sie plötzlich verhindert sind und eine befristete Vertretung brauchen. Solche Stellen könnten landesweit, aber auch in den Landkreisen eingerichtet werden.

„Ehrenamt braucht Hauptamt“: Diskussionen hat es in der Kommission über die Frage gegeben, ob Vereinigungen, die sich stark auf ehrenamtliche Mitwirkung stützen, immer auch hauptamtliche Unterstützungskräfte benötigen. Gerade aus der CDU heißt es, das sei der verkehrte Weg und verkompliziere die ehrenamtliche Arbeit häufig.

Ehrenamtsbeauftragte im Landtag: Ein nebenamtlicher „Landesbeauftragter für das Ehrenamt“ könnte die Belange der Vereinsarbeit, der Kommunalpolitik und vieler Freiwilliger in Hilfsorganisationen kompetent vertreten. Das könnte etwa ein Landtagsabgeordneter sein, der nebenher dieses Sachgebiet betreut.