Mit dem neuen Verfassungsschutzbericht über die Ereignisse im vergangenen Jahr, den Innenminister Boris Pistorius und Verfassungsschutzpräsident Bernhard Witthaut am Donnerstag vorgestellt haben, ändert sich auch etwas mit Blick auf den 2500 Mitglieder starken Landesverband der AfD in Niedersachsen. Der Verfassungsschutz hat die „Verdachtsgewinnungsphase“ abgeschlossen und bezeichnet den AfD-Landesverband jetzt als „Verdachtsobjekt“.

Der Verfassungsschutz bezeichnet die AfD Niedersachsen als „Verdachtsobjekt“. I Foto: Wallbaum

Witthaut erklärte zur Begründung, die rechtsextreme Unterorganisation „Der Flügel“ habe sich zwar 2020 offiziell aufgelöst. Im Februar 2021 habe in Verden aber ein Treffen stattgefunden, das der Wiedergründung dieser Teil-Organisation gedient habe. Auf Nachfragen betonte Witthaut, der Verfassungsschutz sei bei diesem Treffen nicht selbst mit Mitarbeitern dabei gewesen, seine Erkenntnisse ziehe er aus den Tonbandaufnahmen, die von Teilnehmern angefertigt und später auch publik wurden (unter anderem auch in der Berichterstattung des Politikjournals Rundblick). Laut Witthaut pflegt die AfD Niedersachsen „Kontakte, Beziehungen und Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen“.

Einstufung bringt keine Änderungen für AfD-Mitglieder mit sich

Die Kennzeichnung als „Verdachtsobjekt“ bedeute, dass Mitarbeiter des Verfassungsschutzes jetzt „genauer hinschauen werden, was sich in der AfD tut“. Ausdrücklich aber sehe man vom Einsatz von V-Leuten ab. „Dazu fehlt eine erhebliche Bedeutung der AfD“, betont Witthaut. Wie Innenminister Boris Pistorius hinzufügt, hat die Einstufung der Partei als „Verdachtsobjekt“ keine Änderung für AfD-Mitglieder zur Folge, die als Lehrer, Polizisten oder sonstige Beschäftigte des öffentlichen Dienstes tätig sind. „Es hängt nach wie vor davon ab, wie sich die einzelnen selbst äußern“, betont der Minister. Anders könnte es womöglich sein, wenn die Phase als „Verdachtsobjekt“ irgendwann in die eines „Beobachtungsobjektes“ übergehen sollte und damit ausgedrückt würde, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen in der AfD großes Gewicht bekämen.

„Das hat mit einer sachlichen Begründung nichts mehr zu tun, sondern hängt mit der Landtagswahl zusammen.“

Klaus Wichmann

Der AfD-Landtagsabgeordnete Klaus Wichmann reagierte im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick irritiert auf die Mitteilungen von Pistorius und Witthaut. „In der AfD haben sich bei der jüngsten Vorstandswahl die bürgerlichen Kräfte gegen die nationalen durchgesetzt, etliche Anhänger des alten Vorstandes haben die Partei bereits verlassen. Außerdem haben wir in unseren AfD-Gremien die ,Junge Alternative‘ zunächst aufgelöst und dann die von manchen gewollte Wiedergründung dieser Organisation verhindert. Trotzdem werden wir in der Beobachtung durch den Verfassungsschutz jetzt hochgestuft. Das hat mit einer sachlichen Begründung nichts mehr zu tun, sondern hängt mit der Landtagswahl zusammen“, sagte Wichmann. Witthaut hatte in seiner Erklärung erwähnt, dass mindestens zwei AfD-Politiker, die früher dem rechtsextremen „Flügel“ zugeordnet worden waren, vor drei Wochen in den neuen Landesvorstand gewählt worden sind.