Neuer Christlicher Religionsunterricht soll im nächsten Schuljahr endlich starten können
Nach fünf Jahren der intensiven Vorbereitung befindet sich der „Christliche Religionsunterricht“ als neues Unterrichtsfach an Niedersachsens Schulen auf der Zielgeraden. Ab dem nächsten Schuljahr soll erstmals nach einem einheitlichen Lehrplan und nicht mehr konfessionell getrennter Religionsunterricht erteilt werden, wie das Kultusministerium auf Rundblick-Anfrage bestätigte. Aktuell arbeite eine Kommission an der Ausgestaltung des neuen Kerncurriculums, erklärte Ministeriumssprecher Ulrich Schubert. Er führte weiter aus, dass das Ministerium sowie die beiden großen christlichen Kirchen anstrebten, den neuen Lehrplan für die Primarstufe und den Sekundarbereich I möglichst im Schuljahr 2025/2026 in Kraft zu setzen beziehungsweise zu veröffentlichen. Daraus lässt sich deuten, dass noch nicht ganz sicher ist, ob der neue Religionsunterricht bereits zum Beginn des Schuljahres startklar sein wird, oder ob der Beginn um ein Halbjahr verschoben werden muss. Zu den konkreten Inhalten kann das Kultusministerium zudem erst nach Fertigstellung der neuen curricularen Vorgaben eine konkrete Aussage treffen. Inhaltlich soll sich der neue Religionsunterricht an den gemeinsamen Grundsätzen der beiden Kirchen ausrichten. Losgelöst davon haben sowohl die kirchlichen Fortbildungsanbieter als auch das Land bereits Qualifizierungsmaßnahmen zu einer stärkeren ökumenischen Ausrichtung des Religionsunterrichts in ihr Angebot aufgenommen, teilte das Ministerium mit. Darüber hinaus sei es seitens der Kirchen beabsichtigt, Unterrichtsmaterialien zur Verfügung zu stellen und Vorschläge für Arbeitspläne zu erarbeiten.
Am 19. Dezember werden die katholischen und evangelischen Bischöfe, deren Bistümer und Landeskirchen in den Grenzen des Landes Niedersachsen liegen, eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnen. Diese schriftliche Übereinkunft soll dann wiederum Bestandteil einer Vereinbarung mit dem Land Niedersachsen sein. Damit will man wohl sicherstellen, dass dieser Schritt auch von Dauer sein müsse und nicht in Kürze schon wieder aufgekündigt werden darf. Viel zu viel Zeit und Energie ist allerdings bereits in dieses Unterfangen geflossen, als dass ein Zurück noch wahrscheinlich scheint. Vor inzwischen fünf Jahren haben sich die beiden großen Glaubensgemeinschaften auf den Weg gemacht, einen gemeinsamen Religionsunterricht für die öffentlichen Schulen zu entwickeln. Das Ziel sei es, dem Religionsunterricht an den Schulen eine Zukunft zu geben, sagt Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track dem Politikjournal Rundblick. „Wir nehmen wahr, wie sehr sich die Schülerschaft verändert und immer heterogener wird.“ Noch besuchten zwar rund 70 Prozent der Schüler den Religionsunterricht, doch die Zahl der konfessionslosen oder muslimischen Kinder und Jugendlichen nehme spürbar zu. Der neue Religionsunterricht soll sich daher mit den „großen Fragen“ beschäftigen, andere Weltanschauungen mit in den Blick nehmen und Dialogfähigkeit herstellen, erläutert Gäfgen-Track, die in der Landeskirche Hannovers für die Bildungsthemen zuständig ist und zudem als Beauftragte der Konföderation evangelischer Kirchen das Gegenüber für Verhandlungen mit dem Land darstellt. Es werde darum gehen, sich mit Themen wie Wahrheit, Sinn und Orientierung kritisch auseinanderzusetzen.
Neben theologischen und religionspädagogischen mussten in den zurückliegenden Jahren auch verfassungsrechtliche Fragen geklärt werden. Schließlich kam man zu dem Ergebnis, dass die Gemeinsamkeiten der beiden Konfessionen die Differenzen überwiegen würden – und dass die verbliebenen Differenzen einem gemeinsamen Unterrichtsfach nicht entgegenstünden. Ein externes Gutachten im Auftrag der Kirchen attestierte zudem, dass das Vorhaben nicht mit der Verfassung über Kreuz liegt. Das Land hat diesen Schritt ebenfalls juristisch prüfen lassen. Im Grundgesetz heißt es nämlich, dass der Religionsunterricht „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ erteilt werde. Die Vorarbeiten Niedersachsens finden derweil bundesweit Beachtung. Die Ergebnisse eines großen Symposiums, das im Herbst 2022 stattgefunden hat, wurden jüngst als Sammelband veröffentlicht.
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