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Das neue Jahr wird in der Landespolitik manche Überraschungen bringen, soviel scheint gegenwärtig sicher. Meistens sind die Prognosen zu Jahresbeginn viel zu unsicher, gerade in den vergangenen drei Jahren kam es immer wieder zu globalen Krisen, die sich auch auf die Landespolitik niedergeschlagen haben und für die wenigsten vorhersehbar waren. Das Wesen der Politik sind eben auch Überraschungen. Trotzdem soll hier der Versuch einer Einordnung einiger wesentlicher Fragen unternommen werden. Das sind zumindest einige Baustellen, denen sich die Landespolitiker 2023 widmen werden:

Wie werden die Machtgewichte in der SPD verteilt? 

Im Frühjahr muss Ministerpräsident Stephan Weil entscheiden, ob er weiterhin SPD-Landesvorsitzender bleiben will. Die Antwort darauf ist nicht einfach. Zum einen kennzeichnet Weils Sieg bei der Landtagswahl am 9. Oktober den Höhepunkt seiner Karriere. Von dort kann es für ihn kaum weiter bergauf gehen, dafür aber durchaus bergab. Gegenwärtig ist Wirtschaftsminister Olaf Lies die klare Nummer zwei der Niedersachsen-SPD. Überlässt Weil nun Lies den SPD-Landesvorsitz, so wäre diese Rangordnung weiter gefestigt. Bleibt er im Amt, so würde das Signal lauten: Ich bin noch nicht bereit, die Macht zu teilen. Geduldet Euch also bitte. Schlägt Weil jemand anderen als Lies für den Landesvorsitz vor (etwa Fraktionschef Grant Hendrik Tonne oder Sozialministerin Daniela Behrens), so müsste das als Signal in die Partei gedeutet werden: Seht her, Lies ist eben doch noch nicht die Nummer zwei der Niedersachsen-SPD. Das Rennen ist offen. Was Weil auch tut, jede Variante hätte für ihn Nachteile. Klar ist nur, dass seine Entscheidung in dieser Frage für die SPD mental von Gewicht ist.

Wie werden die Machtgewichte in der CDU verteilt? 

Nach der Landtagswahl hat der bisherige CDU-Generalsekretär Sebastian Lechner beherzt zugegriffen, Machtwillen gezeigt und Unterstützung für sich gewonnen. Er wird im Januar neuer CDU-Landeschef werden, damit dann als Partei- und Fraktionsvorsitzender die zentrale Figur der Partei. Offen bleibt die Frage, ob Lechner auch landesweit populär wird und damit ein chancenreicher CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2027 werden kann. Derzeit zeichnet sich eine Alternative zu ihm nicht ab, aber Lechner braucht Wahlerfolge (etwa bei kommunalen Direktwahlen, bei der Europawahl 2024 oder der Kommunalwahl 2026), wenn er die Partei geschlossen hinter sich bringen will. Bis dahin ist noch ein langer Weg.

Wie sortieren sich die Grünen im rot-grünen Bündnis? 

Im Wahlkampf und in der Zeit danach haben die Grünen ihre internen Zwistigkeiten zurückgestellt. Gut möglich ist aber, dass verdrängte Konflikte in Sachfragen umso heftiger ausbrechen. So sehr Finanzminister Gerald Heere darauf setzt, in Schattenhaushalten hohe Beträge für Investitionen zur Seite zu legen, so sicher scheint doch, dass er an Sparvorgaben und Kürzungen nicht vorbeikommt – gerade dann, wenn die Wirtschaft dauerhaft unter der gegenwärtigen Krise leiden wird. Sparen ist nicht nur für die Grünen, aber besonders für sie unbeliebt – der Streit kann bei Stellenplänen und Personal eskalieren. Heere wird dann eine Rolle einnehmen müssen, die einigen Grünen-Politikern zuwider sein wird. Die Frage wird sein, inwieweit Vize-Ministerpräsidentin Julia Hamburg es gelingen kann, zwischen verschiedenen Seiten zu vermitteln.


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Was geschieht in den kleinen Parteien? 

Bei der FDP verspricht der Zweikampf zwischen Konstantin Kuhle und Gero Hocker spannend zu werden. Am 11. März wird entschieden. Stärkt die Berliner Ampel-Regierung eher die Linksliberalen – oder führt sie zur Renaissance der Wirtschaftsliberalen, die sich gegenwärtig an den Rand gedrängt fühlen? Die AfD erscheint bisher einig und geschlossen, doch im Zuge der Diskussionen über merkwürdige Abläufe bei der Listenaufstellung könnte neues Konfliktpotenzial entstehen. Die niedersächsische Linkspartei indes steht vor einer Neuorientierung, die sich auch personell ausdrücken könnte.

Wie schnell kommen die großen Vorhaben voran? 

Rot-Grün will das Liegenschaftsvermögen aus dem Landeshaushalt ausgliedern, in eine eigene Gesellschaft packen und dieser die Chance zur eigenständigen Kreditaufnahme geben. Ähnliche Wege sind beim sozialen Wohnungsbau geplant – und bei Infrastrukturvorhaben. Das sind nicht nur finanziell, sondern auch rechtlich ehrgeizige Projekte, die bis zur Reife einige Zeit brauchen werden und unter Experten heftigen Streit auslösen dürften. Kaum abschätzbar ist heute, wie weit die Landesregierung mit diesen Plänen im neuen Jahr schon vorankommen wird.