Darum geht es: Große Koalition, Ampel, Jamaika – das sind die drei Bündnisse, die nach der Landtagswahl rein rechnerisch in Frage kommen. SPD und Grüne wollen die FDP von einem Ampelbündnis überzeugen. Ein Kommentar von Martin Brüning.

Franz Müntefering ist aus der Mode gekommen. Opposition ist Mist, hatte er im März 2004 bei seiner Wahl zum Parteivorsitzenden auf einem SPD-Sonderparteitag gesagt. Stimmt ja gar nicht, hört man jetzt immer wieder bei den Parteien in Niedersachsen. Besser in die Opposition, als mit Schwarz-Gelb an einem Koalitionstisch zu sitzen, heißt es bei den Grünen. Ein Ampelbündnis mit den Grünen geht gar nicht, poltert die FDP.

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Die möglichen Dreier-Bündnisse drohen ausgerechnet an den geschrumpften kleinen Parteien zu scheitern. FDP und Grüne muten Niedersachsen mit ihrer Verbohrtheit die politische Konstellation zu, die nicht der größte Wunsch der Wähler war: Ein Beton-Bündnis aus SPD und CDU, das mit 105 von 137 Sitzen mehr als drei Viertel des Parlaments ausmacht. Das kann weder gut für das Land noch für den Parlamentarismus sein. Das macht das Verhalten von Grünen und FDP umso unverständlicher. Wie war das noch mal mit der Verantwortung?

Die Liberalen halten an ihrem kategorischen Nein zur Ampelkoalition fest. Sie haben ohne Not eine Tür frühzeitig geschlossen. Jetzt suchen nicht wenige in der Partei den Schlüssel.

Der Wahlkampf war hart und geprägt von Lagerdenken. Das muss auch gar nicht schlecht gewesen sein. Die klare Positionierung und die Unterscheidbarkeit könnten wichtige Faktoren dafür gewesen sein, dass die Linke erst gar nicht und die AfD nur mit einem bescheidenen Ergebnis in den Landtag eingezogen ist. Aber Wahlkampf war gestern. Jetzt haben die demokratischen Parteien die Aufgabe, sich an einen Tisch zu setzen und die Möglichkeiten auszuloten. Wer die sogenannte Ausschließeritis betreibt, macht sich auf lange Sicht überflüssig. Denn wenn Zweier-Bündnisse künftig durch mehr Parteien im Parlament immer unwahrscheinlicher werden, Grüne und FDP aber jeweils Jamaika und Ampel ablehnen, wozu sollte man sie dann noch wählen? Ihnen bliebe immer nur der Gang in die Opposition.

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Es ist nicht überraschend, dass es in der FDP teilweise rumort. Für das Gespräch mit Stephan Weil brauche man keine große Tasse Kaffee, es reiche auch ein kleiner Espresso, sagte FDP-Generalsekretär Gero Hocker gestern. Die Liberalen halten an ihrem kategorischen Nein zur Ampelkoalition fest. Sie haben ohne Not eine Tür frühzeitig geschlossen. Jetzt suchen nicht wenige in der Partei den Schlüssel, um vielleicht doch mit der SPD noch einmal ins Gespräch zu kommen.

Der Druck könnte dabei in den kommenden Wochen steigen. Denn wenn die SPD den Freien Demokraten Schlüsselressorts wie Kultus oder Wirtschaft anbieten würde, müsste der FDP-Landesvorsitzende Stefan Birkner seinen Wählern und seinen Mitgliedern erklären, warum die FDP in diesen auch für seine Partei zentralen Politikfeldern jegliche Gestaltungsmöglichkeit ablehnt. Wenn die FDP eine bessere Unterrichtsversorgung ermöglichen oder die Digitalisierung vorantreiben könnte – warum macht sie es dann nicht?

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Opposition wird Mist – für die Grünen und die FDP. Sie können sich noch einmal anschauen, wie die übermächtige Groko im Bund die Mini-Opposition aus Grünen und Linken in den vergangenen Jahren gerupft hat. Beide Parteien konnten bei der letzten Bundestagswahl von ihrer Oppositionsrolle nicht wirklich profitieren. So könnte es der Opposition im niedersächsischen Landtag in den kommenden fünf Jahren auch ergehen. Die sprichwörtlichen harten Bänke der Opposition könnten auch zu einer Rutsche werden – in die Bedeutungslosigkeit.