Die Diskussion um die Beitragsrechnungen der Pflegekammer, die kurz vor Weihnachten verschickt worden waren, schwelt weiter. Die Kammer selbst hatte angekündigt, bei den Beitragszahlungen kulant vorgehen zu wollen. Viele der rund 90.000 Mitglieder waren nach Erhalt der Rechnung ob der Forderung des Höchstbeitrages von 280 Euro erschrocken, manche haben den Höchstbeitrag auch bereits bezahlt, obwohl sie aufgrund ihres Einkommens deutlich weniger überweisen müssten.

https://soundcloud.com/user-385595761/so-kontrovers-war-die-debatte-zur-pflegekammer-im-landtag

Im Landtag tat sich Sozialministerin Carola Reimann am Donnerstag sichtbar schwer, die rechtliche Grundlage für den Umgang mit den verunglückten Beitragsrechnungen zu erläutern. Die  Zahlungsverpflichtung könne neu definiert werden, sagte Reimann auf eine Anfrage der FDP-Fraktion. Für all diejenigen, die noch nicht gezahlt hätten, sei auch noch kein Schaden entstanden. Reimann berief sich auf einen Paragraphen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, wonach ein Verwaltungsakt widerrufen werden kann. Die Regelung gilt allerdings für die Zukunft. Unklar ist, ob dies auch auf Beitragsrechnungen auf das vergangene Jahr bezogen werden kann.

Hinzu kommt, dass die Kammer selbst rechtlich in Schwierigkeiten kommen könnte, wenn sie sich Mitgliedern gegenüber im Einzelfall kulant zeigt. „In der heutigen Fragestunde konnte die Landesregierung nicht beantworten, auf welcher rechtlichen Grundlage diese Rückzahlungen erfolgen könnten. Hier muss schnell Klarheit geschaffen werden, sonst werden am Ende die Pflegekräfte dieses Chaos finanziell ausbaden müssen“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner dem Politikjournal Rundblick. Dass den Pflegekräften schnell und unbürokratisch zu viel gezahlte Beiträge erstattet würden, dürfe kein leeres Versprechen der Pflegekammer und der Ministerin sein, so Birkner.

Lassen Sie uns fair miteinander umgehen.

Die Kammer selbst teilte auf Rundblick-Nachfrage mit, dass die Bescheide aus dem Dezember laut Beitragsordnung eine auflösende Bedingung enthielten. Demnach muss kein Höchstbeitrag gezahlt werden, wenn der Kammer innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids eine entsprechende Selbsteinstufung geschickt wird. Die Kammerversammlung habe beschlossen, diese Frist bis zum 31. März zu verlängern. Die ursprüngliche Bescheide von Pflegekräften, die der Kammer bis zum 31. März eine Selbsteinschätzung schickten, würden wirkungslos. Die Beiträge würden dann frühestens ab dem 15. April fällig.


Lesen Sie auch:

SPD und Grüne stemmen sich gegen Kritik an der Pflegekammer


Reimann äußerte in der Fragestunde noch einmal Verständnis für den Unmut, die sowohl der Inhalt der Beitragsrechnungen als auch der Zeitpunkt ihres Versands bei den Pflegekräften kurz vor Weihnachten ausgelöst hatte. Die Landesregierung nehme die öffentliche Kritik und Beschwerden ernst. Auf die Frage des AfD-Abgeordneten Stephan Bothe, warum das Ministerium die neue Kammer in ihrer beratenden Funktion nicht unterstützt habe, eine glücklichere und bessere Beitragsordnung zu schaffen, antwortete Reimann, man habe zwar die Arbeitsgruppe Satzung begleitet, aber bewusst keinen inhaltlichen Einfluss auf die Entscheidung genommen.

Die Sozialministerin plädierte erneut dafür, der Kammer jetzt Zeit zu geben, um die Interessen der Pflegekräfte wirksam zu vertreten. „Lassen Sie uns fair miteinander umgehen“, sagte Reimann. Ein Verband nach bayerischem Vorbild, der unter anderem eine freiwillige Mitgliedschaft vorsieht, sei keine Alternative.  Der Verband werde vermeintlich als Kammer bezeichnet, biete aber keine solide Grundlage, auf der man die Vertretung der Pflegefachkräfte kraftvoll wahrnehmen könne. In Bayern gebe es 180.000 potenzielle Mitglieder. Das Ziel des Verband sei allerdings,  bereits bei 1000 Mitgliedern eine Delegiertenversammlung vorzunehmen. „Erst mit der Pflichtmitgliedschaft erhält die Kammer die Legitimation. Sie steht und fällt damit, wie viele Menschen die Kammer vertreten kann“, so Reimann.