Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat seine Forderung nach einem 10-Milliarden-Investitionspaket für die Stärkung des Zivil- und Katastrophenschutzes in Deutschland bekräftigt. „Das ist zusätzlich zu den 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr nötig, und es sollte sich über mehrere Jahre verteilen“, sagte Pistorius am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags.

Was dem Land fehlt, seien große Hubschrauber und Löschflugzeuge, die in der Lage wären, einen großen Waldbrand im Harz effektiv zu bekämpfen, meint Innenminister Boris Pistorius. | Foto: GettyImages/Silviu Dascalu

Zugleich beklagte der Sozialdemokrat, dass die politisch Verantwortlichen in Deutschland über viele Jahre hinweg die innere Sicherheit und die Schutzvorkehrungen vernachlässigt hätten. „Von 1995 bis 2010 war die Sparpolitik die Maxime der Politik.“ Der niedersächsische Katastrophenschutz sei gegenwärtig zwar „exzellent aufgestellt“, man habe dies zuletzt während der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr gesehen, als Experten die niedersächsische Ausstattung als vorbildlich bezeichnet hätten.

Gleichzeitig aber gebe es auch hier Mängel. „Wir haben zwar Hubschrauber zur Überwachung der Wälder bei Waldbrandgefahr. Was aber fehlt, sind große Hubschrauber und Löschflugzeuge, die in der Lage wären, einen großen Waldbrand im Harz effektiv zu bekämpfen“, fügte Pistorius hinzu. Jedes einzelne dieser Geräte koste zwischen 10 und 20 Millionen Euro, und da sich eine solche Anschaffung nur im Verbund mit anderen rechne, solle der Bund mit anderen Staaten für eine gemeinsame Bereitstellung in der EU eintreten.

Minister lobt Programm zur Stärkung des Katastrophen- und Zivilschutzes

Zunächst lobte Pistorius das gemeinsam von ihm und Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) entwickelte Ad-hoc-Programm zur Stärkung des Katastrophen- und Zivilschutzes, wobei die Unterscheidung zwischen beiden Ebenen (auch hinsichtlich der Zuständigkeiten bei Ländern und Bund) unerheblich geworden sei. Die 49 kommunalen Katastrophenschutzbehörden in den Landkreisen und kreisfreien Städten sollten kurzfristig bis zu 100.000 Euro bekommen, damit sie ihre Betreuungsaufgaben und Sanitätsmitteldepots ausweiten können.

Für die Ausbildung der ehrenamtlichen Helfer im Katastrophenschutz waren bisher jährlich 436.000 Euro landesweit vorgesehen, dieser Betrag soll jetzt in den Jahren 2023 bis 2025 um je eine Million Euro angehoben werden. Die Schulung und Führerscheinausbildung der Kräfte, die Katastrophenfahrzeuge lenken, könne so verstärkt werden. Außerdem will das Land eine Kampagne für die bessere Vorbereitung in Krisenlagen starten.

Zusätzlich soll in die Ausstattung der Hilfsorganisationen kräftig investiert werden – für geländegängige Fahrzeuge, Kraftstoffbehälter, die Not-Trinkwasserversorgung und die sichere Kommunikationstechnik. All dies soll auch dazu dienen, besser auf mögliche Cyberangriffe, die Kraftwerke oder Wasserwerke lahmlegen können, zu reagieren.

„Die Abschaffung der Wehrpflicht hat Distanz geschaffen – aber das hat ja bekanntlich kein sozialdemokratischer Verteidigungsminister entschieden.“

Im Innenausschuss wurde das Problem der Beschaffung erörtert. Pistorius erklärte, ein heute bestelltes Notstromaggregat könne womöglich erst in zwei Jahren geliefert werden. Insofern sei Niedersachsen mit dem Ad-hoc-Programm schnell dabei, andere Bundesländer hätten Vergleichbares noch nicht in Gang geschoben. Marco Genthe (FDP) kritisierte, dass der Bund die 161 Fahrzeuge, die er versprochen hat, immer noch nicht geliefert hat – etwa Spezialgeräte für Krankentransporte und Dekontamination.

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Pistorius erwiderte, die Lieferprobleme des Bundes seien seit vielen Jahren bekannt, jetzt hoffe er auf eine Beschleunigung. Für den Transport von Schwerverletzten fehle auch in Niedersachsen noch spezielles Material. Die Gründe für Verzögerungen lägen beispielsweise bei den Feuerwehren aber auch daran, dass jede Ortswehr ihre speziellen Wünsche habe – das mache die Bestellung aufwendiger, teurer und langwieriger. Eine zentrale Beschaffung von Standardmodellen könne manches erleichtern und beschleunigen.

Pistorius warb dafür, dass Feuerwehrleute, THW-Funktionäre und auch Bundeswehrsoldaten in Schulen auftreten und für ihre Tätigkeit werben – um Nachwuchs zu gewinnen und das Bewusstsein für die Sicherheitsfragen zu unterstreichen. „Die Abschaffung der Wehrpflicht hat Distanz geschaffen – aber das hat ja bekanntlich kein sozialdemokratischer Verteidigungsminister entschieden.“