Im Landtag haben sich Vertreter von Koalitions- und Oppositionsparteien am Dienstag einen heftigen Schlagabtausch zur Corona-Politik geliefert. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte zuvor in einer Regierungserklärung eine wichtige Veränderung für die nächste Verordnung angekündigt, die nächste Woche in Kraft treten soll.

Symbolfoto: Getty Images/daBoost

So wolle man Gaststätten, Theatern und Museen, Veranstaltern und Sportstätten anbieten, eine 2G-Regel zu verfügen. Dort würden dann nur Geimpfte und Genesene Zutritt bekommen, während Abstands- und Maskenpflichten wegfallen. Jugendliche unter 18 Jahren jedoch sollten keine Impfung nachweisen müssen – da sie in der Schule sowieso ständig getestet würden. Dass 2G bedeuten soll, den negativ auf Corona getesteten Personen den Zutritt dann generell verwehren zu dürfen, erwähnte Weil in der Regierungserklärung indes nicht.

FDP-Fraktion sieht 2G-Regel als sehr kritisch

Deutlicher Widerspruch kam von FDP-Fraktionschef Stefan Birkner. Eine 2G-Regel, die Zutrittswege für Getestete unterbinde, müsse sorgfältig begründet sein – und das lasse die Landesregierung vermissen. So sei die Regierung schon in der Pflicht darzulegen, warum von Menschen, die einen negativen Corona-Test vorweisen können, eine Gefahr für die Überlastung der Krankenhäuser ausgehe. „Selbst wenn man das begründen könnte, ist immer noch die Frage relevant, ob es nicht ein milderes Mittel gibt als ein Zutrittsverbot“, betonte Birkner.

„Ich habe den Eindruck, sie wollen den Nicht-Geimpften nur das Leben ungemütlich machen.“

Stefan Birkner, FDP-Fraktionschef

Dieses mildere Mittel könne ja ein negativer PCR-Test sein. „Unschlüssig“ wirke die Regierung auch deshalb, weil man Schüler unter 18 von jeden Beschränkungen ausnehmen wolle – da sie ja automatisch in den Schulen regelmäßig getestet würden. „Was machen Sie dann mit dem 19-jährigen Schüler, der zurückgewiesen wird?“ Bei den minderjährigen Schülern  spiele auf einmal der Test, den man vorher als Kriterium abgelehnt habe, wieder eine Rolle. „Ich habe den Eindruck, sie wollen den Nicht-Geimpften nur das Leben ungemütlich machen“, sagte Birkner und verwies auf Sozialministerin Daniela Behrens, die sich vor Wochen entsprechend geäußert hatte.

CDU-Fraktionschef stellt sich hinter Weil

Die Einwände von Birkner wurden von mehreren fraktionslosen Abgeordneten inhaltlich unterstützt. Jens Ahrends sagte, die vermeintliche Sicherheit der Impfungen sei zweifelhaft, die Impfstoffe seien gar nicht ausreichend erforscht. Sogar SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz habe die Geimpften als „Versuchskaninchen“ bezeichnet und diese Zweifel eben zugegeben. Klaus Wichmann und Stephan Bothe von der AfD warfen der Regierung vor, die Teilung in Geimpfte und Ungeimpfte vertiefe die Spaltung der Gesellschaft. Die zunächst ausführlich von Birkner vorgetragene Argumentation fand klaren Widerspruch bei CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer. „Es geht nicht darum, den Ungeimpften das Leben unbequemer zu machen, sondern darum, den Geimpften es ein Stückweit bequemer zu machen.“

„Es geht nicht darum, den Ungeimpften das Leben unbequemer zu machen, sondern darum, den Geimpften es ein Stückweit bequemer zu machen.“

Dirk Toepffer, CDU-Fraktionschef

Irgendwann, betonte Toepffer, sollten Maske und Abstand auch wieder ein Ende haben – und der Weg zu dieser Normalität führe nun mal über die Impfung. Während die FDP vom Staat immer erwarte, dass er jedem Bürger seine individuellen Rechte gewähre, habe die CDU eine andere Sichtweise – der Staat solle einen Ausgleich der Individualinteressen organisieren, damit die Schwachen mit ihren Rechten auch genügend Rücksicht finden und von den Starken nicht verdrängt werden. Deshalb seien die ersten Lockdowns entstanden, damit die gefährdeten Senioren geschützt werden, deshalb verlange man jetzt von den Ungeimpften auch Einschränkungen. Toepffer geht noch weiter und meint, man solle Reisenden in Risikoländer, etwa in die Türkei, eine Impfung abverlangen – oder auch eine Quarantänepflicht im Ausland. Bisher gebe es für solche Schritte keine Handhabe.

Ministerpräsident schließt weiteren
Corona-Lockdown aus

Weil hatte in seiner Regierungserklärung betont, er sei kein Freund einer Impfpflicht, aber ab Mitte Oktober müssten ungeimpfte Erwachsene ihre Corona-Tests selbst zahlen, würden keine Entschädigung im Fall der Quarantäne mehr erwarten können und müssten in einigen Berufen ihren Arbeitgebern Auskunft über die Impfung geben. Vier Fünfteln der Bevölkerung sei es nicht länger zuzumuten, die Kosten für die Impf-Unwilligen zu tragen. Wenn es zu einer Überlastung der Krankenhäuser und der Intensivstationen komme, müssten weitere Einschränkungen folgen – aber mit einem Lockdown müsse man nicht mehr rechnen. Die Grünen-Fraktionschefin Julia Hamburg hielt der Regierung vor, die geplante Verordnung sei „undurchsichtig und unverständlich“. Über eine Impfpflicht müsse man „diskutieren“, die geplante Lockerung der Testpflicht, etwa für Mitarbeiter in den Büros, sei voreilig.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder schätzte ein, dass die Hälfte der nicht geimpften Erwachsenen aus Skeptikern bestehe, die unsicher sind und überzeugt werden könnten – zur anderen Hälfte aber aus bewussten Impfverweigerern. Zu Birkner gewandt sagte Modder: „Die Aufhebung aller Beschränkungen wäre zum jetzigen Zeitpunkt verantwortungslos.“ Mehrere Abgeordnete der AfD und der LKR erwähnten hingegen das Beispiel Dänemark und Schweden – dort wage man schon den Übergang zur Normalität, und das sei vorbildlich.