Der niedersächsische Umwelt- und Bauminister Olaf Lies (SPD) sieht eine große Aufgabe für das Land: Das Angebot an erschwinglichen Wohnungen muss landesweit, nicht nur in den Ballungszentren, vergrößert werden. Er plädiert daher für eine Landeswohnungsgesellschaft. In der Koalition wurde vereinbart, dass noch im Sommer ein Konzept entwickelt wird. Lies äußert sich dazu bei einem Besuch der Redaktion des Politikjournals Rundblick.

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies beim Politikjournal Rundblick – Foto: RB

Rundblick: Herr Lies, beim Streit der Koalition über die Gründung einer Landeswohnungsgesellschaft wird man nicht ganz schlau. Mal heißt es, die Positionen von SPD und CDU seien „unvereinbar“, dann wieder ist davon die Rede, dass man ein gemeinsames Konzept entwickeln will. Was stimmt denn nun?

Lies: In den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende wurde die Nileg verkauft, das Land hat sich damit auch vom Zugriff auf 30.000 Wohnungen verabschiedet. Das war aus heutiger Sicht ein Fehler – aber es war die Politik der damaligen Zeit. Niemandem mache ich einen Vorwurf daraus. Heute wissen wir, dass wir 40.000 Wohnungen mit erschwinglichen Mieten bis 2040 schaffen müssen, das sind jährlich 3000 neue Wohnungen. Die Wohnungsbauunternehmen schaffen bei aller ehrlicher Anstrengung nur etwa die Hälfte. Also muss etwas geschehen – und darüber sind sich die Koalitionäre auch einig.

Rundblick: Nun wird Ministerpräsident Stephan Weil nicht müde zu betonen, dass er nicht mehr mit einer Verständigung von SPD und CDU in der Frage einer neuen Landesgesellschaft in dieser Landtagswahlperiode rechnet. Will er sich das Thema lieber für den Wahlkampf aufsparen?

Lies: Aus meiner Sicht muss das nicht zwangsläufig ein Wahlkampfthema werden. Wir sollten ernsthaft versuchen, ein gemeinsames Konzept zustande zu bekommen. Schließlich ist diese Koalition dazu gewählt, die Probleme zu lösen. Und eines der Probleme ist der Mangel an erschwinglichen Wohnungen. Da können wir helfen. Ein Konzept dazu muss auf den Tisch.

Der freie Markt wird bei den derzeitigen Traumrenditen nicht daran denken, preisgünstigen Wohnraum anzumieten.  

Rundblick: Sie arbeiten ja daran. Wie ist denn der gegenwärtige Stand?

Lies: Nach der parlamentarischen Sommerpause wird ein Konzept vorliegen, das wir dann im Koalitionsausschuss von SPD und CDU vorstellen. So lautet die Verabredung. Danach werden wir sehen, ob etwas Gemeinsames entstehen kann – oder eben nicht.

Rundblick: Damit wären dann aber noch keine neuen Wohnungen gebaut…

Lies: Nein, aber wir hätten einen Weg dahin klar beschrieben.

Foto: RB

Rundblick: Skizzieren Sie doch mal, wie dieser Weg aussehen könnte.

Lies: Der freie Markt wird, soviel ist klar, bei den derzeitigen Traumrenditen nicht daran denken, preisgünstigen Wohnraum anzumieten. Also wäre ein Weg, die Mieten zu bezuschussen und Geld dafür auszugeben, dass Bedürftige den Quadratmeter für 6,50 Euro statt etwa für 9 Euro mieten können. Das ist, finde ich die schlechtere Variante. Die bessere wäre, wir engagieren uns selbst in einer Landesgesellschaft. Dazu könnte als Basiskapital 400 Millionen Euro an Landesgeld genutzt und dann im Weiteren ein zweistelliger Millionenbetrag an Bundeszuschüssen jährlich mobilisiert werden. Das wäre der Kapitalstock, damit wir mit einer Gesellschaft dann Wohnungen kaufen oder bauen lassen – und diese dann günstig vermieten.

Rundblick: Das klingt ein bisschen so wie das DGB-Modell eines Niedersachsen-Fonds: Das Land gliedert einen Teil seiner Aufgaben auf eine Gesellschaft aus, diese nimmt dann im eigenen Namen Kredite auf und bringt Investitionen in Gang. Ist das so gemeint?

Lies: Ja, im Grunde schon. Das könnte über die N-Bank geschehen, die auf diese Weise ihre Kapitalausstattung verstärken und ihre Rolle ausweiten könnte. Sie würde abrücken von der reinen Verwaltung von Fördergeldern und stärker eine Rolle als eigene Bank bekommen. Synergien könnten so gehoben werden. Aber ich betone hier noch mal: Auf ein bestimmtes Modell bin ich gar nicht festgelegt. Ich will, dass wir in der Sache vorankommen. Ich finde es besser, dass man ein solches Problem löst, bevor der Landtagswahlkampf losgeht. Schließlich haben uns die Leute gewählt, damit wir die Probleme lösen.

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Rundblick: Nun hat die CDU, mindestens in Gestalt ihres Finanzminister Reinhold Hilbers, grundsätzlich etwas gegen die Ausgründung von Fonds aus dem Landeshaushalt. Er sieht darin eine Umgehung der Schuldenbremse, da eine Tochtergesellschaft des Landes Kredite aufnimmt, während das Land selbst dies wegen des Neuverschuldungsverbotes nicht tun darf. Anders sieht Hilbers die Sache, wenn private Investoren beteiligt sind. Wie sehen Sie das?

Lies: Die Bedenken von Reinhold Hilbers teile ich nicht. Aber ja, natürlich, auch ein Modell unter Einbeziehung privater Investoren ist vorstellbar. Da bin ich offen. Die Variante mit der N-Bank hat den großen Vorteil, dass wir dort keine eigene Verwaltung aufbauen müssten, sondern die vorhandenen Strukturen nutzen und erweitern.

Rundblick: Aber ist das nicht alles schon zu spät? Überragt nicht mittlerweile bei SPD wie bei CDU die Wahlkampflogik alles andere? Geht es jetzt nicht immer stärker darum, welcher Minister eine Erfolgsbilanz vorlegen kann und wer mit seinen Vorhaben zurückstecken musste – und nicht mehr um die Frage, welche Lösungen für die Probleme jetzt vordringlich sind und angepackt werden müssten?

Lies: Hoffentlich nicht. Noch einmal: Wir sind gewählt worden, um Verbesserungen für die Menschen zu erzielen. Das sollte die Leitschnur sein, bis zum letzten Tag der Wahlperiode.