Knapp sieben Wochen vor der Landtagswahl steigt nicht nur die Nervosität bei den Parteien. Zunehmend stellt sich auch die Frage, wie der Charakter des Wahlkampfs in der Endstufe sein wird. Nach der bisher letzten, Anfang Juli veröffentlichten offiziellen Umfrage von Infratest Dimap kommt die SPD auf 30 Prozent, die CDU auf 27 und die Grünen landen bei 22 Prozent. Je nachdem, wie sich das Kräfteverhältnis nach den nächsten Umfragen im August einpendelt, sind zwei mögliche Varianten vorstellbar – die Grünen könnten als dritte Kraft rangieren, während SPD und CDU klar vor ihnen bleiben. Die Alternative wäre, dass die Grünen aufschließen und näher an die anderen beiden heranrücken, also auch oberhalb von 20 Prozent bleiben.

Bei der vergangenen Landtagswahl gab es im Fernsehen ein Duell zwischen Stephan Weil und Bernd Althusmann. 2022 ist auch ein Triell möglich. | Foto: MB (Archiv)

Was hätte das für Konsequenzen für die Berichterstattung der Medien im Vorfeld? Auf Anfrage des Politikjournals Rundblick erklärte die Sprecherin des NDR, Iris Bents: „Zusätzlich zur Berichterstattung des jeweiligen Landesfunkhauses gibt es zwei TV-Sendungen ,NDR Info-Extra-Wahl‘ im NDR-Gesamtprogramm. Eines davon mit den Spitzenkandidaten, die erklärt haben, für das Amt des Ministerpräsidenten anzutreten und reelle Chancen haben, dieses Ziel bei der Wahl zu erreichen.“ Die zweite Gesprächsrunde beziehe sich dann auf jene Spitzenkandidaten, die in der ersten Runde nicht dabei waren, deren Parteien aber gute Chancen haben, ins Parlament zu kommen. Dabei sei das „Prinzip der abgestuften Chancengleichheit“ maßgeblich – dies berücksichtigt bei der Entscheidung über diejenigen, die eingeladen werden, die Ergebnisse der vorangegangenen Wahlen und die aktuellen Umfragen. Nach jetzigem Stand seien das SPD, CDU, Grüne, FDP und AfD.

Aus der Mitteilung des NDR lässt sich nun folgendes ableiten: Sollten die Grünen in den Umfragen stark bleiben oder gar noch stärker werden, hängt es am Ende von der Partei selbst ab, ob es kurz vor der Landtagswahl im NDR-Hauptprogramm ein TV-Duell zwischen Stephan Weil und Bernd Althusmann geben wird – oder ein Triell mit einem Grünen-Kandidaten. Denn die NDR-Bedingung für die Teilnahme an der „Elefantenrunde“ im Fernsehen lautet, dass die Partei nicht nur Chancen auf den MP-Posten haben muss, sondern zudem noch einen Kandidaten, der offiziell als „Ministerpräsidentenkandidat“ ausgewiesen wird. Bisher haben die niedersächsischen Grünen darauf verzichtet, ihre Spitzenkandidatin Julia Hamburg formell als Ministerpräsidenten-Bewerberin darzustellen.

Julia Hamburg und Christian Meyer präsentieren in Hannover gemeinsam die neuen Großflächenplakate der Grünen. | Foto: Kleinwächter

Dadurch, dass Hamburg auf den Plakaten im Team mit Christian Meyer antritt, ist der Fokus noch weiter von ihr abgelenkt. Dies mag eine Lehre aus dem Bundestagswahlkampf gewesen sein, bei dem die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kurz nach ihrer Nominierung einem medialen Gewitter ausgesetzt war, weil in mehreren Medien an vielen Kleinigkeiten ihre angeblich fehlende Eignung für das Kanzleramt festgemacht worden war. Wenn aber die Kür von Julia Hamburg zur MP-Kandidatin der Grünen der einzige Weg wäre, ihr den Weg in ein TV-Triell zu ebnen, würde die niedersächsische Landespartei diesen Schritt vermutlich auch gehen. Nötig würde das indes nur, sollten die Grünen tatsächlich so stark werden, dass sie auch stärkste oder zweitstärkste Partei werden können.

Intern scheint bei den Grünen mittlerweile geklärt, wer ganz vorn im eigenen Laden sitzt. Anders als im damaligen Grünen-Vorsitzenden-Team Baerbock und Robert Habeck ist in Niedersachsen die Rangfolge der Bewerber auf den Spitzenplätzen für die Wahl bekannt: Julia Hamburg ist die Nummer eins, während Meyer auf Rang zwei steht. Damit ist jede mögliche Diskussion, wer eine Regierungskoalition anführen sollte, falls die Grünen stärkste oder zweitstärkste Kraft bei der Landtagswahl werden sollten, schon von vornherein beantwortet: Das würde dann Julia Hamburg sein.