Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril, Innenministerin Daniela Behrens und LPK-Vorstandsmitglied Niklas Kleinwächter. | Foto: Wallbaum

Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hat am Dienstag die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes durch das Kabinett gebracht. Damit stimmen SPD und Grüne in der Landesregierung dem Plan zu, das Landesamt mit mehr Kompetenzen auszustatten. Dazu gehört beispielsweise der Einsatz von Drohnen zur Überwachung von extremistischen Treffen. Bisher war Niedersachsen das einzige Bundesland, das ein solches Mittel nicht erlaubt hatte. Mit dem neuen Gesetz werden auch die Hürden zur Beschäftigung von V-Leuten abgesenkt – also jenen Informationsbeschaffern, die gegen ein Honorar Insider-Informationen aus radikalen Gruppen an die Verfassungsschutzbehörde melden. Die Mitgliedschaft in einer verbotenen oder verfassungsfeindlichen Organisation soll kein Hindernis sein, für den Verfassungsschutz als V-Person tätig werden zu können. „Das betrifft beispielsweise die PKK“, sagte Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril. Außerdem ist im Gesetzentwurf vorgesehen, dass auch solche Personen als V-Leute tätig sein dürfen, die sich an der „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat beteiligen“. Bisher war das nicht erlaubt. Der neue Entwurf erleichtert auch Schritte wie das Aufzeichnen von Predigten in Moscheen oder die Überwachung von radikalisierten Einzeltätern. Das gültige Gesetz bezieht den Extremismus-Begriff noch auf Gruppen und geht auf den terroristischen Solisten nicht ein.

Ob diese Änderungen tatsächlich eingeführt werden und damit das unter der vorigen rot-grünen Koalition 2016 extra entschärfte Gesetz nun umgekehrt wieder verschärft werden soll, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Das vom Kabinett nach einer ersten Anhörung von Verbänden beschlossene Konzept geht jetzt an den Landtag und wird dort nach erneuten Experten- und Verbändeanhörungen noch einmal angepasst. Auch Hinweise der Landtagsjuristen, des „Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes“ (GBD), werden aufgenommen. Ministerin Behrens sagte, bisher sei der Entwurf noch nicht in einer leicht lesbaren und verständlichen Form, hier hoffe sie auf Ratschläge des GBD. Die CDU hatte bereits vor Monaten erklärt, dass sie sich einen besonders starken und mit weitreichenden Befugnissen ausgestatteten Verfassungsschutz wünscht – einschließlich des Rechtes, nach strengen Vorgaben auch Wohnräume überwachen zu können. Pejril sagte dazu, er halte das nicht für erforderlich. Überall dort, wo Wohnraumüberwachung erlaubt sei, könne dies über die polizeilichen Eingriffsbefugnisse organisiert werden. Es würden nämlich schwere Straftaten vorausgesetzt sein. Mit dem neuen Gesetz solle nun gewährleistet werden, dass in solchen Fällen ein Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz im ausreichenden Maße gewährleistet wird.

Grundsätzliches Lob erfuhr die Einigung in der Landesregierung von den Koalitionsfraktionen. Evrim Camuz (Grüne) verband das jedoch mit einer Einschränkung: „Uns ist bewusst, dass der Verfassungsschutz den sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit gewachsen sein muss. Wir haben aber auch im Blick, dass sich politische Mehrheiten ändern können und ein Verfassungsschutz mit zu weitgefassten Kompetenzen dann missbraucht werden kann. Wir achten hier auf ein Gleichgewicht zwischen notwendigen Befugnissen des Verfassungsschutzes und einer unabhängigen und effektiven Kontrolle.“ Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Zinke erklärte: „Wir leben in bewegten Zeiten, in denen es für die Menschen immer schwieriger wird, Extremismus zu erkennen. Das gilt insbesondere für die Informationskanäle im Netz. Daher brauchen wir einen handlungsfähigen Verfassungsschutz, der uns vor extremistischen Gefahren warnt.“ Gleichzeitig sollten nach Ansicht der SPD auch die parlamentarischen Kontrollgremien für den Verfassungsschutz neu organisiert werden.