In wenigen Tagen ist Landtagswahl in Niedersachsen. Am 9. Oktober wird entschieden, wie das Parlament in den kommenden fünf Jahren zusammengesetzt ist – und dann geht es auch um die Frage, wer das Land regieren wird. Die Rundblick-Redaktion zieht im Podcast Bilanz: Wie lief der Wahlkampf? Welche Themen spielten eine Rolle und welche hätten eine größere Aufmerksamkeit verdient gehabt? War der Wahlkampf fair und wie geht es nun nach der Wahl wohl weiter? Podcast anhören: Soundcloud | Spotify | Apple Podcast

Foto: Amelie Schmidt

Von den Politiknerds vom Rundblick wird das Ende des Wahlkampfes jedenfalls nicht herbeigesehnt. Schließlich lieben wir diese Zeit. Klaus Wallbaum verrät in der neusten Folge von „Niedersachsen im Blick“, was diese Phase für ihn ganz besonders macht.

Aber worum ging es eigentlich? Bildungspolitik, Nahverkehr, Umwelt, Landwirtschaft, Pflege, Wohnungsbau, Digitalisierung – das spielte in diesem Wahlkampf irgendwie nur eine recht untergeordnete Rolle. Leider. Im Podcast greift die Redaktion die Themen, die von der Energiekrise überlagert wurden, noch einmal auf.

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Die dominante Herausforderung dieser Tage bleibt allerdings die Frage, wie die Menschen finanziell durch den Winter kommen sollen, wenn die Energiepreise explodieren. Hätte die Landesregierung nicht doch noch etwas tun können? „Man hat sich inzwischen fast daran gewöhnt, dass der Nanny-Staat schon eingreifen wird“, sagt Niklas Kleinwächter im Rundblick-Podcast – schließlich habe der Staat das in der Corona-Krise ja auch getan. Christian Wilhelm Link meint, das müsse der Staat auch tun. Wann sonst sollte der Staat investieren, wenn nicht in der Krise? Doch Wallbaum wendet ein: „In der Krise muss man investieren, das stimmt. Aber auf der anderen Seite muss man dafür sorgen, dass gespart wird und der Landeshaushalt schlanker wird.“

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Die Landesverwaltung könnte zum Beispiel eine Aufgabenkritik durchführen und mal schauen, wie viel Personal man eigentlich wirklich noch braucht. Audrey-Lynn Struck meint, durch die Digitalisierung der Verwaltung könnten schließlich viele Aufgaben mit weniger Mitarbeitern erledigt werden. Im Wahlkampf spielte der Personalabbau aber keine Rolle. Kleinwächter denkt, das könne auch daran liegen, dass sich angesichts des Fachkräftemangels der Personalüberschuss bald eh erledigt haben wird. Wallbaum erkennt darin aber einen gedanklichen Fehler: „Wenn man das nicht steuert und nicht guckt, wie man das Personal sinnvoll verteilt, wird es an bestimmten Stellen Lücken geben und an anderen Stellen Überkapazitäten. Es ist Aufgabe der Landespolitik, frühzeitig darauf zu achten, dass das nicht passiert.“

Im Wahlkampf stehen sich nun zwei Noch-Partner gegenüber. Geht das denn überhaupt? Die Regierungspartner müssen gegeneinander Wahlkampf führen, während das Volk in der Krise noch Regierungshandeln fordert: beim Entlastungspaket, beim Energiepreisdeckel. „Hätte das Land in den letzten zwei, drei Wochen einen Nachtragshaushalt beschließen und Geld bereitstellen können?“, fragt Wallbaum und antwortet direkt selbst darauf: „Faktisch: Ja. Aber das schlagende Argument dagegen: Solange der Bund nicht ganz genau sagt, was genau er für welche Zwecke ausgibt, kann das Land nicht in seinen Haushalt schreiben, dass es das gegenfinanziert.“

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Im TV-Duell standen sich jedenfalls zwei staatstragende Politiker gegenüber, die sich nicht attackieren, nicht ins Wort fallen. So analysiert es Struck. „Das lag auch mit am Format, das die Kandidaten eingehegt hat“, meint Kleinwächter. Neben Einspielern, Fragen und Countdown sei wenig Raum für Attacke geblieben. Einspruch von Wallbaum: „Es lag an den beiden Kandidaten. Wenn sie gewollt hätten, hätten sie es tun können“ – doch beide Herren wollten schließlich als Ministerpräsidenten auftreten. Und ein Ministerpräsident attackiert nicht und fällt nicht ins Wort.

Anders beim Triell der kleinen Parteien. AfD-Spitzenkandidat Stefan Marzischeski war den beiden Mitbewerbern Julia Hamburg und Stefan Birkner immer wieder ins Wort gefallen. Für Kleinwächter ein klares Zeichen dafür, dass Marzischeski eben doch nicht bürgerlich sei. Wallbaum hatte ihn zuvor noch als genau solchen beschrieben. Seiner Ansicht nach ein Erfolgsrezept der AfD. Im Podcast schränkt Wallbaum aber auch ein: Er sei „relativ bürgerlich“ im Verhältnis zu anderen AfDlern, etwa wenn er Interviews gibt. Im Triell aber sei er durchaus „krawallig“ gewesen.

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Zur Koalitionsfrage: Vor kurzem erst hat sich FDP-Generalsekretär Konstantin Kuhle weit nach vorn gewagt und verbreitet: Die CDU schafft es nicht, wählt lieber die FDP, um Rot-Grün zu verhindern. „Ich finde, dass Herr Kuhle damit bewiesen hat, dass er kein kluger Stratege ist“, kommentiert Wallbaum im Podcast. „Ich erwarte von einer Partei, die ich wählen soll, dass sie ihre Positionen und ihre Grundsätze vertritt. Es ist ja kein Geheimnis, dass sich CDU und FDP in vielen Fragen sehr nahe sind.“ Wallbaums Analyse: „Wenn sich Kuhle jetzt hinstellt und sagt, den Althusmann müsst ihr nicht wählen, der ist eh ein Verlierer, ist das ein rein taktisch motivierter Schritt. Er möchte CDU-Wähler davon überzeugen, FDP zu wählen, mit dem Versprechen: ihr kriegt dann eine Ampel.“ Die Ampel, die wir im Bund schon haben – wollen das die eigentlichen CDU-Wähler wohl?

Struck findet, Kuhles Aussage wirke verzweifelt. Dem stimmt auch Kleinwächter zu, entgegnet aber mit Verständnis: „Es ging ihm darum, deutlich zu machen, dass die FDP nicht bedeutungslos ist. Alle schauen auf SPD, CDU und Grüne auf den vorderen Plätzen, die AfD kriegt so 12 Prozent, aber die FDP muss bangen, ob sie reinkommen. Die FDP muss deshalb jetzt sagen: Ja, wir kommen rein; ja, wir haben Einfluss.“ Einig ist sich die Redaktion in der Bewertung, dass die FDP eine hervorragende Oppositionsarbeit geleistet habe, allzumal in der Corona-Pandemie.

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Die CDU ist derweil vom Liebäugeln mit Schwarz-Grün abgerückt und träumt von einer Fortsetzung der GroKo mit Althusmann an der Spitze: Führungswechsel. Aber träumt davon auch die SPD? Wallbaum glaubt, dass Stephan Weil eher noch von den guten alten rot-grünen Zeiten träumt, als alles noch ganz einfach lief und klar war: Die SPD führt, die Grünen folgen. Das dürfte sich jetzt aber ändern, wenn die Grünen deutlich stärker aus der Wahl hervorgehen.



Aber waren die Zeiten damals wirklich so leicht, fragt Kleinwächter? Schließlich hatte Weils rot-grüne Regierung nur eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Wallbaum meint aber: Die knappe Mehrheit disziplinierte eher. An rot-grüne Zeiten erinnert, sagt er: „Es war einfacher, aber sie haben ja auch nichts Großes oder Unpopuläres beschlossen. Sie haben ihr rot-grünes Wohlfühlprogramm durchgezogen – mit dem Ergebnis, dass wichtige Reformen eigentlich gar nicht umgesetzt wurden.“

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