Liebe Leserinnen und Leser,

so richtig wegweisende Entscheidungen kann man auf den letzten Metern der Legislaturperiode wohl nicht mehr erwarten. An den drei letzten Plenartagen des 18. Niedersächsischen Landtags changieren die Redner zwischen Krise und Wahlkampf, zwischen Hohem Haus und Bierzelt.

­Ganz schön ist allerdings: Diese drei Tage sind gespickt von Abschiedsreden. Anders als im vergangenen Herbst, als sich zahlreiche Abgeordnete nach Berlin oder ins Kommunale verabschiedet haben, verlassen nun zahlreiche Abgeordnete die (große) politische Bühne vollends. Bei denen, die sich in vollem Bewusstsein zurückziehen, weil sie nicht mehr kandidieren, gewährt man den ausscheidenden Abgeordneten, wie sich das gehört, noch einmal persönliche letzte Worte.

Karl-Heinz Bley | Quelle: NDR/Plenar-TV

­Besondere Worte fand dabei Karl-Heinz Bley (CDU), der im Landtag nicht als brillanter Rhetoriker aufgefallen ist, wohl aber als geachteter Praktiker. Der gelernte Kraftfahrzeugmechaniker sprach in seiner letzten Rede deshalb von der „Werkstatt Landtag“ und zog den Vergleich zwischen seinem früheren und seinem aktuellen Job. So viel ahnt man schon: Der Landtag kommt dabei nicht so gut weg.

Foto: GettyImages/audioundwerbung

In seinem bürgerlichen Beruf sei es darum gegangen, morgens das Auto in die Werkstatt zu schieben und es am Abend repariert wieder vom Hof fahren zu lassen, erklärte er. Diese Effizienz und dieses Tempo vermisste Bley offenbar in den zurückliegenden 20 Jahren, die er dem Parlament angehörte. „Zu viele Entschließungsanträge kommen nicht zur Abstimmung“, klagte er. Stundenlange Beratungen in den Ausschüssen blieben komplett folgenlos, die debattierenden Abgeordneten bleiben ohne Abschluss unbefriedigt zurück. „Bringen Sie mehr zur Abstimmung“, appellierte Bley gestern in seiner letzten Rede und ergänzte gut demokratisch: „egal ob Zustimmung oder Ablehnung.“



­­Heiter wurde es im Plenum dann noch, als er erklärte, woran es aus seiner Sicht liege, dass über so wenige Initiativen am Ende beschieden wird: Natürlich ist die Opposition schuld. Würden die anderen Fraktionen häufiger mal einlenken, ginge das ganze doch ganz einfach. Ach ja, Politik könnte so einfach sein, wenn es doch die anderen nicht gäbe.

Stephan Siemer | Quelle: NDR/Plenar-TV

­Stephan Siemer, ebenfalls ausscheidender CDU-Abgeordneter, nutzte derweil seine Abschiedsworte, um den fraktionsübergreifenden Zusammenhalt in Krisenzeiten zu loben. Davon konnte eine andere Parlamentarierin allerdings nur träumen. Als Dana Guth (früher mal die Nummer Eins der AfD) ein letztes Mal ans Rednerpult trat, arbeitete sie sich stoisch an den Wahlplakaten und den Versprechen der Parteien (inklusive der AfD) ab. Als Bürger solle man sich eines der Plakate mitnehmen, schlug sie vor, damit man sich im Winter, wenn es kalt wird, an den Sprüchen wärmen könne. Am Ende wünschte sie den Zuhörern dann, leicht verbittert, noch ein schönes Leben. Autsch.

Dana Guth | Quelle: NDR/Plenar-TV

Wie Rundblick-Chefredakteur Klaus Wallbaum die Stimmung am ersten der letzten Plenartage wahrgenommen hat, lesen Sie heute im Feature auf Seite 5. Außerdem berichten wir über ein Reförmchen der Juristenausbildung, bei dem sich die Große Koalition aus Zeitgründen nicht in der Lage sah, weitgehend anerkannte Ergänzungswünsche aus der Opposition anzunehmen. Und zuletzt blicken auch wir vom Landtag rüber zum Wahlkampf: Was steckt hinter der Werbung der Gewerkschaften für Stephan Weil?

Ich wünsche Ihnen an dieser Stelle kein schönes Leben, sondern erst einmal einen schönen Tag!
Ihr Niklas Kleinwächter