Offiziell hatte der CDU-Landesparteitag am Sonnabend eine eher unspektakuläre Aufgabe: Ein neues Grundsatzprogramm wurde beschlossen, die heiße Phase des Kommunalwahlkampfes eingeläutet. Die inoffizielle Bedeutung dieses Treffens von rund 500 Delegierten und Gästen war eine ganz andere: Die Funktionäre aus den Kreis- und Ortsverbänden sollten Zug um Zug auf die kommenden personellen Veränderungen in der Partei eingestimmt werden – vorsichtig und behutsam, Schritt für Schritt. Längst ist bekannt, dass die „oberen 100“ in der CDU sich verständigt haben auf Bernd Althusmann als CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018 und gleichzeitig als neuen CDU-Landesvorsitzenden, der am 26. November David McAllister ablösen soll.

Wie aber sagt man es der Basis, ohne dass die das Gefühl bekommt, vor vollendete Tatsachen gesetzt zu werden? McAllister, die CDU-Führung und Althusmann selbst denken, dies könne am besten so geschehen: Der frühere Kultusminister und kommende starke Mann der Partei, der bisher noch nicht einmal Parteitagsdelegierter ist, kommt als Gast, setzt sich vorn links in die erste Reihe, dorthin, wo auch andere frühere Landesminister und weitere Ehrengäste sitzen, und er wird immer mal wieder erwähnt. McAllister weiß: dies darf nicht zu aufdringlich wirken, denn sonst wird ja zu klar, wie sehr sich der bisherige Landesvorsitzende selbst Althusmann als seinen Nachfolger wünscht. Offiziell ist ja die Bewerbungsfrist für die, die in der CDU Landtagswahl-Spitzenkandidat werden wollen, noch gar nicht beendet. Und auch Althusmann hat offiziell sein Interesse noch nicht bekundet. Er will zwar, aber er will sich auf keinen Fall aufdrängen.

Mehr Heimat: CDU-Parteitag in Hildesheim - Foto: MB.

Mehr Heimat: CDU-Parteitag in Hildesheim – Foto: MB.

McAllister geht geschickt vor: Als er die anwesenden früheren Landesminister als Gäste aufzählt, wählt er die umgekehrte alphabethische Reihenfolge – und so kommt Althusmann an neunter Stelle, ganz zum Schluss. Hätte er ihn zuerst genannt, wäre die Parteinahme offensichtlich geworden. Dann erwähnt McAllister in seiner Rede verschiedene Politikfelder – und nennt dabei die Namen früherer Fachminister. Erst kommt Uwe Schünemann für die Innenpolitik, dann Hartmut Möllring für die Finanzpolitik – und schließlich Althusmann für die Schulpolitik. Gleich danach spitzt McAllister zu: „Deshalb, lieber Bernd Althusmann, ist die Kultuspolitik die zentrale Auseinandersetzung vor der Landtagswahl.“ Wer will, kann daraus schon eine personalpolitische Ansage für die nächste Zeit erkennen. Deutlicher aber sollte es nicht sein.

Vorher hatte McAllister in seiner Begrüßung zwei Politiker mit besonders viel Lob überschüttet, die Althusmann eigentlich am gefährlichsten werden könnten, weil sie nämlich in der Partei und im Lande besonders populär sind: Ulf Thiele, der Generalsekretär, der sich seit Jahren für die CDU abrackert, und Bernd Busemann, der Landtagspräsident, der eifrig in Niedersachsen unterwegs ist.  „Du bist ein überparteilicher Präsident, aber wir wissen auch, dass Du ein christlicher Demokrat bist“, betont McAllister zu Busemann. Braver Applaus ertönt. Auch für Althusmann, der zwei Jahre für die Konrad-Adenauer-Stiftung in Namibia war und nun seit wenigen Monaten wieder in Lüneburg lebt, hatte McAllister eine persönliche Begrüßung parat: „Mich freut, dass mein Freund Bernd Althusmann wieder in Niedersachsen ist. Herzlich willkommen in Deiner Heimat, Bernd!“, ruft der Landesvorsitzende in seiner Begrüßungsrede aus – wohl um zu testen, wie dieser Satz aufgenommen wird. Die Reaktion ist aber nur freundlicher, braver Applaus, wie übrigens fast immer an diesem Tag. Zu richtigem Jubel sind die CDU-Delegierten an diesem Sonnabend nicht aufgelegt, und auch die früher übliche Praxis, nach der Rede McAllisters aufzustehen und zu applaudieren, fällt diesmal aus. Alles wirkt irgendwie sachbetont, manchmal fast ein wenig müde, und auch McAllister hat in seiner Rede mehrfach angedeutet, dass er als Europaabgeordneter „Distanz“ zur Landespolitik habe. So wirkt er weniger kämpferisch als sonst, und den stärksten Beifall erntet er noch, als er für Notenvergabe, Zeugnisse und Laufbahnempfehlungen in Grundschulen streitet.

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Bleibt noch die Frage, wie es nun weitergeht. Althusmann dürfte bei Treffen der CDU in den kommenden Wochen immer öfter auftreten, und die Parteiführung hegt die Hoffnung, dass der 49-Jährige dann nach der Kommunalwahl der einzige Bewerber für die CDU-Spitzenkandidatur sein wird – und dass die Parteibasis dann nicht überrascht darauf reagiert. Wohl der einzige, der einen Strich durch die Rechnung machen könnte, ist Busemann. Doch ob der wirklich seinen Hut in den Ring werfen wird? Immer mehr in der CDU zweifeln daran. (kw)

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