Im Februar hatte Umweltminister Christian Meyer seine ersten Vorschläge für die Windkraft-Vorranggebiete in Niedersachsen vorgelegt. So will das Land das ehrgeizige Ziel, 2,2 Prozent der Landesfläche für Windräder reservieren zu lassen, schon bis 2026 erreicht haben. Nun, nach knapp vier Monaten, liegt der überarbeitete und mit Kommunen und Behörden weitgehend abgestimmte Plan vor. Das Potenzial an möglichen Arealen, die den Kreisen und kreisfreien Städten nun zur Detailplanung zur Verfügung stehen, verringert sich überraschend noch einmal – es sind nicht 7,2 Prozent der Fläche, wie zu Jahresbeginn angenommen, sondern nur noch 6,2 Prozent. Das liegt, wie Meyer am Dienstag erläuterte, vornehmlich an der Bundeswehr und ihren Vorbehalten. „Die Bundeswehr ist der größte Flächenblockierer im Lande – nicht etwa der Naturschutz oder der Denkmalschutz“, sagte er.

„Die Bundeswehr ist der größte Flächenblockierer im Lande – nicht etwa der Naturschutz oder der Denkmalschutz.“

Es werde aber weitere Gespräche mit dem Bundesverteidigungsministerium geben. Insbesondere die Anflugrouten für Hubschrauber und Flugzeuge zu militärischen Einrichtungen gäben den Ausschlag dafür, dass die Bundeswehr bestimmte Zonen nicht als mögliche Windkraft-Vorranggebiete akzeptiere. Eine Lösung, die Höhenbegrenzung für neue Windräder vorzusehen und damit unterhalb der für Militärzwecke kritischen Höhe von 300 Metern zu bleiben, ist rechtlich derzeit nicht möglich. „Diesen Weg sieht die Vorgabe des Bundes zum Windenergie-Ausbau bislang nicht vor“, betonte Meyer.

Umweltminister Christian Meyer (Grüne) präsentiert seine Windkraft-Bilanz in der Landespressekonferenz. | Foto: Wallbaum

Das neue Konzept für die Auflagen soll Teil eines Gesetzes und dann verbindliche Auflage für die Landkreise werden. Die Kreise Lüneburg, Uelzen und Rotenburg, die nach den Februar-Plänen zunächst weit über 4 Prozent ihrer Fläche für Windkraft ausweisen sollten, werden nun auf 4 Prozent gedeckelt. Über 3 Prozent liegen die Kreise Cloppenburg, Cuxhaven, Emsland, Harburg, Stade und der Regionalverband Braunschweig. Kreise wie Schaumburg oder Celle haben wegen eines hohen Anteils an Militärgebieten nur sehr geringe Auflagen. In städtischen Gebieten sollen die Flächenpotenziale nur zu maximal 50 Prozent ausgeschöpft werden, damit genügend Reserven für andere Entwicklungsmöglichkeiten bestehen bleiben.

Meyer sagte, die Landkreise hätten jetzt alle nötigen Unterlagen, auch die vertraulichen der Bundeswehr. Sie könnten also auf sicherer Grundlage die Planung angehen. Vor Ort spüre er eine große Bereitschaft bei allen Beteiligten, daran mitzuwirken. Weil es mit dem neuen Gesetz möglich sein soll, Teil-Pläne für die Raumordnung zu erlassen, erleichtere das die Arbeit enorm. Derzeit sei die Hälfte aller bestehenden Raumordnungspläne der Landkreise unwirksam, weil gegen eines oder wenige Detailprojekte erfolgreich vor Verwaltungsgerichten geklagt worden ist. Dieser Zustand dauert nun oft schon Jahre. Künftig könne man solche Detailgebiete absondern und dann den Rest des unstrittigen Raumordnungsplanes in Kraft setzen.



„Akzeptanzabgabe“ wird verpflichtend: Künftig sollen alle Windanlagenbetreiber, deren Anlage mindestens ein Megawatt erzeugt, eine Abgabe von 0,2 Cent je Kilowattstunde an die Gemeinde entrichten müssen. Der rot-grüne Gesetzentwurf sieht vor, dass die Gemeinde das für soziale, kulturelle oder ökologische Zwecke verwenden soll und nicht für Pflichtausgaben ausgeben darf. Außerdem soll die Gemeinde einmal im Jahr über die Verwendung dieser Einnahmen berichten. Das Bundesrecht sieht eine kommunale Beteiligung bisher nur als Soll-Vorschrift vor, Niedersachsen will sie verpflichtend machen. Auch bei Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen soll die Vorgabe gelten, nicht aber bei sogenannter „Agri-PV“, also PV-Anlagen, die oberhalb von landwirtschaftlichen Nutzflächen entstehen und damit eine optimale Nutzung gestatten. „Diese werden damit also begünstigt“, sagt Meyer.



Beteiligung soll möglich werden: Bei großen Windkraft- oder Solarprojekten sollen die Betreiber die Beteiligung von Bürgern oder Kommunen ermöglichen. Dafür soll es mehrere Wege geben – eine formelle kommunale Teilhabe kommt in Betracht, aber auch die Gründung einer Bürger-Energie-Genossenschaft. Als dritte Variante wäre denkbar, dass 10 Prozent der Gesellschaft gewidmet werden für „Bürgersparbriefe“, die alle Einwohner im 5-Kilometer-Radius rund um die Windkraftanlage für mindestens jeweils 500 Euro zeichnen können. „Da müsste dann eine gute Rendite garantiert werden“, sagt der Umweltminister.