Wie weit darf die Sportförderung gehen – und wie streng muss eine Kommune die Auflagen einer wirtschaftlichen Haushaltsführung für ihren Etat beachten? Diese Fragen werden in einem aktuellen Fall berührt, der demnächst die Gremien der Landeshauptstadt Hannover beschäftigt. Der Rat der Stadt muss demnächst über einen Vertragsentwurf befinden, den die Stadtverwaltung mit dem Fußball-Profiverein „Hannover 96 Arena GmbH“ (derzeit in der zweiten Fußballbundesliga) ausgehandelt hat. Das Papier sieht für die Zeit ab dem Jahr 2030 vor, dass über einen Erbpachtzins der Profiverein jährlich 27.000 Euro an die Stadt zahlen muss.

Ein echtes Schnäppchen: Das Stadion am Maschsee soll Hannover 96 nur 27.000 Euro jährlich kosten. Allein die überdachte Fläche ist 20.000 Quadratmeter groß. | Foto: LHH

Wenn das Stadion vom Betreiber „Hannover 96 Arena GmbH“ für andere Zwecke vermietet wird, etwa für große Konzerte, soll die Stadt davon nicht mit einer Extra-Abgabe profitieren können. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler Niedersachsen (BdSt), Bernhard Zentgraf, äußert sich gegenüber dem Politikjournal Rundblick „verwundert“ über diese Ausgestaltung des Vertrages und die Rahmenbedingungen. Angesichts der enormen Summen, die Fußballspieler kassieren (die 18 Vereine der zweiten Bundesliga hätten in der vergangenen Spielzeit 2020/2021 insgesamt 218 Millionen Euro für Spieler und Trainer ausgegeben), sei der Preis „sehr sonderbar“, erklärte Zentgraf.



Ist das nun ein Fall für die Kommunalaufsicht? Noch ist die Entscheidung im Rat nicht gefallen, und BdSt-Präsident Zentgraf appelliert dringend an die Kommunalpolitiker, die Rahmenbedingungen noch einmal zu überprüfen und nachzubessern. Folgende Punkte des Vertragsentwurfs sind aus seiner Sicht höchst bedenklich:

Niedriger Erbbauzins: Die Stadt bleibt Eigentümer des Grundstücks, soll laut Vertragsentwurf aber bis zum Jahr 2096 nur Anspruch auf einen jährlichen Zins von rund 27.000 Euro haben. Die Stadt nennt als Begründung, das entspreche den in Hannover üblichen Regeln der Überlassung von Sportstätten an Vereine. Zentgraf hingegen verweist darauf, dass das Stadion am Maschsee weitaus lukrativer für andere Zwecke genutzt werden kann – etwa für große Konzerte. Auf Nachfragen des BdSt teilte die Stadt mit, dass der Vertragsentwurf für diese Fälle etwa von großen Musik-Events nicht vorsieht, dass „Hannover 96 Arena GmbH“ eine Zusatzabgabe an die Stadt leistet.

Fragwürdige Sonderleistungen: Der Fußballverein soll „Verpflichtungen“ übernehmen – so die Pflicht zur Instandhaltung „mit hohem finanziellen Aufwand“ (so die Stadtverwaltung) und „die Umsetzung eines Konzeptes zur Klimaneutralität“. Maßstab sei die Lizenzierungsordnung für den Sport, ein „einheitlicher, bundesweit gültiger Standard“. Zentgraf widerspricht: Die Lizenzierungsverordnung, die auch Vorgaben zu Rasenheizung, Flutlicht und Anzahl der Duschen vorsieht, werde allein von den Vertretern der Profi-Fußballvereine entwickelt und fortgeschrieben – also im Endeffekt von privaten Wirtschaftsunternehmen. Er frage sich, wieso sich die Stadt darauf einlasse.



Weiterer Stadtzuschuss noch bis 2030: Im Entwurf des Vertrags ist vorgesehen, dass die Stadt dem Verein noch bis zum Jahr 2030 einen jährlichen Zuschuss von 850.000 Euro zahlt – eine Summe, die nach dem Abstieg von Hannover 96 in die zweite Liga vereinbart worden war. Voraussetzung ist der Verbleib in der zweiten Liga. Zentgraf regt nun an, wenigstens in den kommenden sieben Jahren auf diesen Zuschuss zu verzichten – und einen neuen Vertrag mit der „Hannover 96 Arena GmbH“ schon früher in Kraft zu setzen.

Verstoß gegen Kommunalverfassung? BdSt-Präsident Zentgraf sieht Hannovers OB Belit Onay in der Pflicht, offen über den wichtigen Vertrag mit dem Fußballverein zu informieren. So sei es in Paragraph 85 der Kommunalverfassung festgeschrieben. Dies habe Onay bisher aber nicht getan – und Zentgraf hat den Eindruck, dass die Stadtverwaltung bei diesem Thema „eine merkwürdige Form von Geheimhaltung betreibt“. In Paragraph 124 der Kommunalverfassung wird festgelegt, dass die Stadt Vermögensgegenstände „wirtschaftlich verwalten“ muss, in Paragraph 125 heißt es, sie dürften anderen für eine Nutzung „nur zum vollen Wert überlassen“ werden. Dass beide Vorgaben eingehalten worden seien, könne hier wohl bezweifelt werden.