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Die Geschäftsordnung des Landtags verlangt, dass für die Bildung einer Fraktion mindestens fünf Prozent der Abgeordneten zusammenkommen müssen – das sind also bei 137 Abgeordneten mindestens sieben Abgeordnete. Mit dem Austritt von Guth, Ahrends und Wirtz hat die AfD nun nur noch sechs Abgeordnete im Landtag. Sie können keine Fraktion bilden, auch keinen Fraktionsvorstand wählen. Damit büßt die AfD nicht nur Zuschüsse ein (72.000 Euro monatlich), sie kann auch keine Mitarbeiter mehr beschäftigen – bis auf die persönlichen Mitarbeiter jedes Abgeordneten in den Wahlkreisen.
Wirkungsgrad im Parlament schrumpft
Zuletzt hatte der Mitarbeiterstab der AfD-Fraktion 15 Leute, neben Pressesprecher und Bürokräften auch die politischen Fachreferenten. Diese Leute werden sich jetzt neue Jobs suchen müssen. Vor allem aber wird mit dem Ende der Fraktion der Wirkungsgrad der AfD im Landesparlament wesentlich kleiner. Das Recht, Gesetzentwürfe einzubringen, besteht nicht mehr.[caption id="attachment_53387" align="alignnone" width="695"]
Das war einmal: Die AfD-Fraktion Niedersachsen - Foto: kw[/caption]Ohne Fraktion bräuchte man dafür mindestens zehn Abgeordnete – und die hätten die bisherigen AfD-Fraktionsmitglieder nur, wenn sie sich einigen und mit dem fraktionslosen Jochen Beekhuis (ehemals SPD) gemeinsame Sache machen würden. Nach den Reden von Regierungsmitgliedern hat die AfD kein Recht zur Erwiderung mehr, auch das Recht zu Anfragen ist jetzt eingeschränkt. Zwar können fraktionslose Abgeordnete sich auch im Parlament bemerkbar machen, aber nur viel eingeschränkter als dann, wenn sie in einer Fraktion wären. Den Status einer Gruppe, die etwas weniger als eine Fraktion und mehr als das Wirken einzelner Abgeordneter wäre, kennt Niedersachsens Geschäftsordnung nicht.
Was hat Guth und ihre beiden Mitstreiter getrieben? Ist es die Lust am eigenen Untergang? Noch beim Landesparteitag in Braunschweig am 12. September war das Guth-Lager, zu dem Wirtz damals noch nicht zählte, nur knapp unterlegen. Den Ausschlag hatte die Gruppe derjenigen gegeben, die eigentlich auf der Seite des dritten Kandidaten Christopher Emden standen. Sie votierten in der Stichwahl mehrheitlich für Guths Herausforderer Jens Kestner, der dann auch Landesvorsitzender wurde. Der Parteitag war eine Schmach für die 50-jährige Guth, die zum Lager von Kestner und seines Vertrauten Armin Paul Hampel ein geradezu feindschaftliches Verhältnis pflegt.Der mögliche Austritt von drei Abgeordneten wurde schon am Tag nach dem Parteitag diskutiert, damals aber wiesen Guth, Ahrends und Wirtz das öffentlich noch von sich. Jetzt ist es doch geschehen. Guth erklärte zwar gestern, sie stehe für die Gründung einer neuen Fraktion bereit. Die Aussichten dazu sind allerdings äußerst bescheiden. Viel spricht dafür, dass sie und ihre beiden Mitstreiter sich ins politische Aus katapultiert haben. Wenn ihr Kalkül darin bestehen sollte, zunächst einmal den großen Knall zu wagen und später wieder eine Versöhnung anzupeilen, dann könnte das ein taktischer Winkelzug zu viel gewesen sein – denn der Schaden, den das Aus der Fraktion jetzt in der AfD anrichtet, dürfte ihrem Ruf in der Partei doch sehr abträglich sein.

