…zählt zu den Repräsentanten der drei Staatsgewalten im Lande. Da  wäre die erste Gewalt, die Legislative, oberste Vertreterin ist Landtagspräsidentin Gabriele Andretta. Die zweite Gewalt ist die Exekutive, die Landesregierung, ihr oberster Vertreter ist Ministerpräsident Stephan Weil. Die dritte Gewalt, die Judikative, verschwindet oft hinter den beiden anderen – in dieser Woche aber hat sie deutlich Flagge gezeigt.

Der Niedersachse der Woche heißt…

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…Thomas Smollich und ist der Präsident des Staatsgerichtshofs in Bückeburg, des höchsten niedersächsischen Gerichts. Der Staatsgerichtshof entscheidet, wenn sich ein Abgeordneter, eine Fraktion, die Kommunen oder Parteien in ihren Rechten verletzt fühlen. In dieser Woche hat er ein wegweisendes Urteil zu der Frage gefällt, in welchem Umfang die Landesregierung das Landesparlament informieren muss, wenn neue Corona-Verordnungen erlassen werden sollen. Der Tenor des Urteils lautete: Anfangs hat die Landesregierung ihre Pflicht nicht ausreichend erfüllt. Smollich sagte:

Die Landesregierung hat den Landtag in seinem Recht auf eine frühzeitige und vollständige Unterrichtung verletzt.

Die Corona-Krise hat von Anfang an die Frage aufgeworfen, inwieweit in dieser Krisensituation die „Stunde der Exekutive“ schlägt. Muss die Regierung, die über die Ministerpräsidentenkonferenz ständig in den Meinungsaustausch mit anderen Landesregierungen und mit der Bundeskanzlerin eingebunden ist, sich regelmäßig mit dem Landtag rückkoppeln – oder bekommt sie einen Gestaltungsauftrag, der erst nach Abschluss der Krise parlamentarisch gewürdigt und begutachtet werden soll? FDP und Grüne drängen in Niedersachsen seit Monaten darauf, dass die Corona-Verordnungen vor ihrem Inkrafttreten vom Landtag beschlossen werden sollen. Wegen der Eilbedürftigkeit der Regelungen lehnt die Große Koalition diesen Weg bisher ab. Aber FDP und Grüne haben in der Landesverfassung die Bestimmung gefunden, dass die Regierung immer dann, wenn sie grundlegende Verordnungen erlassen oder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung klären will, den Landtag vorab informieren muss. Das ist in Artikel 25 der Landesverfassung so verankert. Da aber die Regierung im April und Mai diesen Weg nicht wählte und zwar die Kommunalverbände über die geplanten Vorgaben informierte, nicht aber die Landtagsabgeordneten, reichten die Oppositionsfraktionen Klage in Bückeburg ein. Zwar änderte daraufhin die Regierung im Sommer ihre Praxis, doch Grüne und FDP blieben bei ihrer Klage. Es spricht nun für Smollich und seine Kollegen im Staatsgerichtshof, dass der Urteilsspruch sehr klar und eindeutig ausfiel: Wenn Parlament und Regierung „auf Augenhöhe“ miteinander reden sollten und wenn das Parlament seinen Kontrollauftrag richtig wahrnehmen soll, dann muss nach Ansicht des Staatsgerichtshofs die Informationsbasis ausreichend genug sein. Folglich hätte die Regierung von sich aus, ohne besonderen Wunsch des Landtags, ihre Verordnungsentwürfe den Abgeordneten zuleiten müssen. Das ist bundesweit der erste Richterspruch in der Corona-Zeit, der das Verhältnis von Exekutive und Parlament in der Krisensituation einordnet – und diese Einordnung fällt nun klar zugunsten der Legislative aus. Dafür erhält der Sozialdemokrat Smollich, der Gerichtspräsident, vom Politikjournal Rundblick den Titel „Niedersachse der Woche“. Glückwunsch dazu!