Heino Wiese beim Rundblick-Redaktionsbesuch. Foto: Gartz[/caption]
Rundblick: Herr Wiese, die CDU erneuert sich an der Spitze. Die SPD-Vorsitzende möchte offenbar weiter im Amt bleiben und die Partei verändern. Was halten Sie als langjähriges SPD-Mitglied davon?
Wiese: Es muss Veränderungen an der Spitze der SPD geben. Jeder Tag, an dem Andrea Nahles und Ralf Stegner so weitermachen wie bisher, wird die Partei in den Umfragewerten nach unten drücken. Und jede neue Umfrage, die uns auf diesem extrem niedrigen Niveau zeigt, löst schlechte Stimmung an der Basis aus. Manche äußern die Ansicht, die Partei könne sich nur aus der Opposition heraus erneuern. Da möchte ich auf die SPD-Landesverbände in Bayern und Baden-Württemberg verweisen – dort ist diese Strategie Dauerzustand, das Ergebnis ist mehr als ernüchternd. Wir haben es in der aktuellen Debatte zudem mit einem Missverständnis zu tun: Angeblich müsse die SPD weiter nach links rücken. Nun frage ich mich: Wo sollen die vielen Wähler sein, die wir in der linken Ecke abholen wollen? Diejenigen, die Linkspartei wählen, dürften beim Original bleiben. Nein, wir müssen in der Mitte die Wähler gewinnen.
Rundblick: Also ist der Versuch von Andrea Nahles, sich von den Hartz-Reformen zu verabschieden, zum Scheitern verurteilt?
Wiese: Ja, so ist es. Auch weil es in der Regierung dafür keine Mehrheit gibt und es damit eine leere Versprechung bleibt. Die SPD muss sich stärker an der Mitte orientieren. Wenn die Parteiführung glaubt, sie gewinne Profil vor allem dadurch, dass sie sich von den bisher prägenden Politikern absetzt – also von Gerhard Schröder, Franz Müntefering und Sigmar Gabriel -, dann unterliegt sie einem Irrtum. Diese Form der Distanzierung ist hochschädlich. Erklären Sie doch mal in einem SPD-Ortsverein, dass die Agenda 2010 ein Fehler gewesen sei. Das ist doch eine Reform gewesen, die viele einfache Mitglieder der SPD an der Basis mit Überzeugung vehement verteidigt haben. Wenn man ihnen nun sagt, das sei verkehrt gewesen, dann sind sie nicht nur irritiert. Diese Menschen fühlen sich dann irgendwann nicht mehr zuhause in der SPD.


