Als Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Kultusministerin Julia Hamburg (Grüne) am Mittwoch entspannt vor die Presse traten, um ihre 100-Tage-Bilanz kundzutun, war die Nachrichtenlage des Tages alles andere als harmonisch. Der Fall der Grundschule in Wiefelstede (Kreis Ammerland) schlägt bundesweit Wellen – und hatte am Dienstag auch zu kurzfristigen und entschlossenen Anweisungen des Ministeriums geführt.

Stephan Weil und Julia Hamburg zeigen sich gut gelaunt in der Landespressekonferenz mit der neuen Vorsitzenden Martina Thorausch. | Foto: Klaus Wallbaum

Wegen akuten Lehrermangels hatte die Direktorin einen Brief an die Eltern geschickt und darin angekündigt, die 300 Schüler künftig nur noch an vier statt wie bisher an fünf Tagen in der Woche zu unterrichten. Für den übrigen Tag sei aber für alle, die nicht zuhause bleiben können, eine Betreuung organisiert. Diese Ankündigung blieb nicht lange bestehen, denn das Ministerium schaltete sich ein und stoppte den Plan der Grundschulleitung. Die Schule habe ihren Entschluss „nicht mit der Landesschulbehörde abgestimmt“, hieß es. In der 100-Tage-Bilanz wurde Kultusministerin Julia Hamburg noch deutlicher: „Eine Schule kann solche Maßnahmen wie die Einführung einer Vier-Tage-Woche nicht einfach ergreifen.“


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Nun stellen sich einige Fragen, von denen manche noch unbeantwortet sind. „Wir prüfen es noch intensiv“, sagte die Ministerin. Zum Beispiel ist unklar, was im Kontakt zwischen der Schule und der Landesschulbehörde in Osnabrück besprochen wurde. Während das Ministerium am Dienstag erklärte, die Grundschule habe ihr Vorgehen nicht mit der Behörde abgestimmt, widersprach ein Sprecher des Schulelternrates. Er sagte, die Behörde angerufen und dort erfahren zu haben, dass es derzeit keine Alternative zur Vier-Tage-Woche gebe.

Ministerin Hamburg erklärte am Mittwoch, nach ihren Informationen habe die Schulleitung vom Osnabrücker Amt den Hinweis gehört, sie solle mit den Eltern über die möglichen Optionen sprechen. Eine Erlaubnis, bereits eine Maßnahme zu verfügen, sei keineswegs erteilt worden – das gehe gar nicht. „Ich will mir aber nicht anmaßen, darüber zu urteilen, was nun in der Behörde geäußert wurde und wie es von der Schulleitung verstanden wurde“, fügte Hamburg hinzu.


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Sie erklärte außerdem, dass eine Vier-Tage-Woche nicht ausgeschlossen werden könne in der Oberstufe, wenn ein 13. Jahrgang sich in Abiturvorbereitungen befinde. Für Grundschulen jedoch, die eine verlässliche Betreuung an allen Wochentagen sicherstellen müssten, verbiete sich das. Ein großes Erregungspotenzial gehe aber vom Vorgehen der Grundschule Wiefelstede deshalb aus, da gerade grundsätzlich in der Gesellschaft über eine Vier-Tage-Woche als Konsequenz des Fachkräftemangels diskutiert werde. 

Hamburg bestätigte auf Nachfragen, im März mit den Bildungsverbänden generell über die Auswege aus dem Lehrermangel zu beraten. Sie fügte hinzu, einstweilen den Schulen die Möglichkeit zu geben, nicht besetzte Lehrerstellen „mit anderem Personal zu besetzen“ und damit „multiprofessionelle Teams“ zu erzeugen – die Lehrer entlasten könnten. Wichtig bei solchen Schritten sei jedoch, dass sie „breit getragen werden“. 

Weil will Job-Börse für Ukrainer verstärken: Ministerpräsident Stephan Weil sieht als eine wichtige Aufgabe der kommenden Wochen und Monate die Verstärkung der Arbeitsvermittlung für Ukrainer, die in Niedersachsen wohnen. In Northeim sei eine von 30 Unternehmen getragene Jobbörse ein voller Erfolg gewesen, anstelle von 60 erwarteten seien 400 Interessenten gekommen. 

Lechner sieht Fehlstart von Rot-Grün: CDU-Landtagsfraktionschef Sebastian Lechner wirft der neuen Landesregierung einen „Fehlstart“ vor. Mehrere hundert Million Euro, die im November im Nachtragsetat für bedürftige Firmen, für die Energieberatung, für die Tafeln, für Kultureinrichtungen und für die Veranstaltungswirtschaft bereitgestellt wurden, seien bisher noch unangetastet geblieben. Das gelte auch für 50 Millionen Euro, die in die kommunalen Härtefallfonds fließen sollten.

Sebastian Lechner und Carina Hermann üben Kritik an den ersten 100 Tagen der Landesregierung. | Foto: Klaus Wallbaum

Allein bei den Hilfen für kleine und mittelständische Firmen sei jetzt ein konkreter Weg beschrieben worden, wie Geld fließen soll. Bei der Stärkung der Erneuerbaren Energien vernachlässige Rot-Grün die Geothermie und das Biogas. Lechner meint, für ein A13-Mindestgehalt für alle Lehrer sei jetzt schon genug Geld in der Landeskasse, dies 2023 schon gewährleisten zu können. Das Zögern von Rot-Grün verwundere ihn. Außerdem weigere sich die Landesregierung, den Kommunen die „Kosten der Unterkunft“ für die Ukrainer angemessen zu erstatten. 

AfD gegen Windkraft-Ausbau: AfD-Vize Ansgar Schledde sagte, das Land drohe mit vielen Windkraftanlagen überzogen zu werden – und das schade dem Tourismusstandort.