Im Winter war die Hoffnung groß bei den niedersächsischen Landesforsten. Denn endlich war es einmal wieder ein richtiger Winter. Es war kalt und nass und dieses unangenehme Wetter dauerte sogar ziemlich lange an. Was dem gemeinen Niedersachsen vielleicht nicht so gelegen kam, stellte für den Wald aber eine positive Trendwende dar: Der Boden konnte wieder etwas mehr Wasser sammeln – und der Borkenkäfer sollte dadurch in Schach gehalten werden. „Bis in den Mai hinein hat sich kein Käfer bewegt, die wetterlichen Rahmenbedingungen waren gut“, erzählt Klaus Merker, Präsident der niedersächsischen Landesforsten im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.

Klein aber oho: Der Borkenkäfer ist trotz des nassen und kalten Winters nicht verschwunden – Foto: Jiri Prochazka

Außerdem glaubte man, den lästigen Baumschädling, der in den zurückliegenden Jahren große Bestände des niedersächsischen Waldes vernichtet hatte, zumindest aus den Bäumen abgeschöpft zu haben. Doch nur ein Teil der Borkenkäfer überwintern in Bäumen, und nur diesen Teil haben die Förster durch die Entnahme befallener Bäume ausmerzen können. Der andere Teil der Käfer überwinterte im Boden und kam dann an den ersten warmen Tagen im Juni aus der Erde gekrochen. „Das geht unbegrenzt weiter“, stellt Merker mit Blick auf den Borkenkäfer-Befall beinahe resigniert fest.

Das vor uns liegende Programm zur Wiederaufforstung ist von historischem Ausmaß. Es übersteigt im Harz sogar die Aufforstungen der Nachkriegszeit.

Insbesondere der Harz war vom Borkenkäfer stark befallen, und ist es noch. Im Solling sei die Lage inzwischen entspannter, sagt der Landesforsten-Präsident, in anderen Bereichen sei die Fichte ohnehin fast ganz verschwunden. 14.500 Hektar Waldfläche sind in den vergangenen Jahren Dürre, Sturm und Borkenkäfer zum Opfer gefallen, das ergab eine Auswertung aktueller Satellitenbilder. Bei weiteren 8500 Hektar sei jede Hilfe gegen den Schädlingsbefall zu spät gekommen, dort stehen nun tote Bäume, trocken und ohne Nadeln in der Gegend.

Die Waldbesitzer im ganzen Land begannen nun im vergangenen Jahr unter Hochdruck die Wiederaufforstung ebenjener Flächen, die von den Naturgewalten dahingerafft wurden. Angesichts dieses Vorhabens spart Merker nicht an Superlativen. „Das vor uns liegende Programm zur Wiederaufforstung ist von historischem Ausmaß. Es übersteigt im Harz sogar die Aufforstungen der Nachkriegszeit.“ In den drei zurückliegenden Dürrejahren haben die Landesforsten nach eigenen Angaben 15 Millionen kleine Bäume gepflanzt. Dabei verfolgen sie das Ziel, klimaangepasste Mischwälder großzuziehen.

Allein im Jahr 2020 haben wir für den Waldumbau knapp 16 Millionen Euro aufgewendet.

Auch finanziell ist dies eine Mammutaufgabe. „Allein im Jahr 2020 haben wir für den Waldumbau knapp 16 Millionen Euro aufgewendet“, berichtet Merker. Der Wald ist aufgrund der zurückliegenden Extremsituationen schon seit ein paar Jahren keine sichere Bank mehr. Die Ausgaben für den Schutz und die Wiederherstellung des Waldes überstiegen die Erträge deutlich. Für die Landesforsten bedeutete das im vergangenen Jahr ein Defizit von 18 Millionen Euro. Bereits für 2019 hatte das öffentliche Unternehmen ein Defizit von 27 Millionen Euro zu verbuchen, im Jahr davor war es ein Verlust von 5,9 Millionen Euro.

Trotz harter Jahre kommt Hoffnung auf für die Waldbesitzer und Förster – Foto: GettyImages/mono2mono

Doch ein Silberstreif ist über den Baumwipfeln zu erkennen – drei mögliche Einnahmequellen zeichnen sich in der nahen und etwas ferneren Zukunft für die Waldbesitzer ab:

Weltmarktpreis für Holz steigt:

In den zurückliegenden Jahren war Holz fast nichts mehr wert. Das lag an dem Überangebot an Rohholz, das vor allem wegen der massenhaften Rodungen zur Eindämmung des Borkenkäferbefalls angefallen war. Weil es für die Holzmassen im Inland kaum noch Abnehmer gab, verlagerte sich der Markt stark auf den Export. In diesem Jahr nun, so schildert es Landesforsten-Präsident Merker, gab es eine globale Verschiebung. Große Märkte wie die USA und China seien bereits in der Nach-Pandemie-Zeit angekommen, riesige Konjunkturpakete kurbelten deren Volkswirtschaften an.

In den vergangenen Jahren flutete Totholz den Markt – Foto: nkw

Profiteure des dadurch entstandenen Absatzmarktes sind die deutschen Sägewerke, die große Mengen Schnittholz zu horrenden Preisen ins Ausland verkaufen. Leidtragende dieser Entwicklung sind jedoch die deutschen Bauunternehmen, denen derzeit häufig das Holz für Dachbalken und ähnliches fehlt. Noch wirkt sich diese Entwicklung allerdings nicht auf die Einnahmen der heimischen Waldbesitzer aus, da diese häufig an Verträge mit einer Laufzeit von drei bis sechs Monaten gebunden sind. Mittelfristig wird die positive Preisentwicklung aber auch bei Niedersachsens Waldbesitzern ankommen.

Bundesmittel für den Klimaretter:

Der Wald ist nicht für das Holz alleine da. Auch als Ort der Artenvielfalt und als CO2-Senke trägt der Forst zum Wohl für Mensch und Umwelt bei. Deshalb stand schon längere Zeit die Idee im Raum, sich die Klimaschutzfunktion des Waldes auch monetär honorieren zu lassen. Kürzlich gab es für diesen Vorstoß zumindest noch einmal Rückenwind von den aktuellen Regierungsfraktionen auf Bundesebene.

Zwei Modelle wären an dieser Stelle denkbar. Entweder wird der Wald isoliert als Kohlenstoff-Speicher betrachtet und der Waldbesitzer dafür entschädigt, dass er einen Baum stehenlässt. Oder man betrachtet die CO2-Speicherfunktion des Holzes ganzheitlich und bezieht bei dieser Bewertung auch Holzprodukte mit ein. Landesforsten-Präsident Merker tendiert dabei zu letzterer Variante, da sich die erste negativ auf die Verfügbarkeit von Holz-Produkten auswirken würde.

Ein drittes Modell, das zwischenzeitig diskutiert wurde, ist derweil ausgeschlossen. Die Klimaschutzfunktion des Waldes lässt sich nachträglich nicht mehr in den europäischen Emissionshandel eingliedern, da die deutsche Waldsenke bereits in die Menge der Zertifikate eingerechnet worden sei, erläutert Merker. Mit einer Umsetzung eines der möglichen Modelle ist jedoch vor der Bundestagswahl nicht mehr zu rechnen.

Tourismus im Wald:

Wenn man schon dabei ist, den Wald ganzheitlich zu betrachten, gehört auch die Naherholungsfunktion dazu. Hinter vorgehaltener Hand wurde schon länger darüber gesprochen, ob sich die Waldbesitzer diese nicht auch vergüten lassen könnten. Eintrittsgelder für den erholsamen Waldbesuch stehen dabei aber nicht auf der Agenda. Die Landesforsten wollen aber künftig eine Verbindung des Waldes mit touristischen Angeboten näher in den Blick nehmen.

Ganz neu ist das Konzept derweil nicht: Durch Verträge mit Dritten verdienen die Landesforsten auch jetzt schon an Baumwipfelpfaden oder Schwebebahnen mit – und auch Einnahmen über Parkplätze fallen mit darunter. Hier zeichnet sich bei den Landesforsten die Tendenz ab, dieses Zweig künftig stärker zu verfolgen.

Von Niklas Kleinwächter