Während sich gestern in Berlin die Einigung zwischen Bund und Ländern über den „Digitalpakt“ für Schulen abzeichnete, werden aus Hannover ängstliche Blicke in die Bundeshauptstadt gerichtet: Es wächst die Sorge, dass die Mittel des Bundes für den Breitbandausbau bei weitem nicht ausreichen könnten. „Die Landkreise sollten jetzt zügig ihre Förderanträge stellen. Der Bund wird nur vorläufige Bescheide ausstellen, soweit die Mittel derzeit reichen. Es gilt das Windhund-Verfahren“, erklärt Stefan Muhle, Digital-Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Das Problem sei, dass der Topf alles andere als prall gefüllt sei und es derzeit keine Idee gebe, wie er weiter aufgestockt werde könnte. Muhle weist darauf hin, dass der Milliarden-Traum aus der 5G-Frequenzversteigerung schnell platzen könnte. Vor einiger Zeit wurde noch mit Erlösen von mehr als zehn Milliarden Euro gerechnet, inzwischen ist nur noch von drei bis vier Milliarden die Rede. Aber auch diese Schätzung hält Muhle für äußerst optimistisch. „Es sind durchaus Zweifel angebracht, dass die ursprünglich erwünschten Summen am Ende nur ansatzweise erreicht werden. Es könnten auch nur 1 bis 1,5 Milliarden Erlös dabei herauskommen“, erklärt Muhle und verweist auf die kürzlich abgelaufene 5G-Versteigerung in der Schweiz. Sie brachte lediglich rund 350 Millionen Euro ein. Die Auflagen seien für die Mobilfunkbetreiber inzwischen so extrem, dass die Versteigerung für die Unternehmen wirtschaftlich unattraktiver geworden sei. Weitere Probleme seien die aktuellen Verzögerungen durch den Rechtsstreit und der Hinweis des Bundesfinanzministers auf drohende Defizite. „Das könnte auch dazu führen, dass die Auffüllung des Sondervermögens in Frage gestellt wird“, befürchtet Muhle. In diesem Fall müssten die Länder seiner Meinung nach politisch aktiv werden und den Bund in die Pflicht nehmen.


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Aktuell sind 2,4 Milliarden Euro im Bundes-Topf. Nun wird auch noch diskutiert, davon 700 Millionen Euro in den Digitalpakt zu schieben. Muhle hält es deshalb nicht für ausgeschlossen, dass am Ende für alle Länder nur zwischen drei und vier Milliarden Euro zur Verfügung stehen – viel zu wenig für einen flächendeckenden Glasfaserausbau. Für die Kreise sei deshalb jetzt Tempo angesagt. Anträge auf Förderung müssten so schnell wie möglich nach Berlin geschickt werden. Vom Land sollen die Kreise bis zu 25 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben bekommen, sowie 15.000 Euro für einen Anschluss einer Schule oder eines Krankenhauses. Für normale Gebäude ist eine Staffelung vorgesehen. So soll es zum Beispiel 2000 Euro Zuschuss pro Anschluss für die ersten 2000 Adressen geben, 1500 Euro für die 2001. bis 4000. Adresse. Die NBank soll im Auge behalten, ob Landkreise Projekte splitten, um mehr Fördergelder zu erhalten. In dem Fall soll seitens des Landes gegengesteuert werden. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann hatte sich sowohl unbürokratische als auch realitätsnahe Fördermaßnahmen zum Ziel gesetzt.

Sondervermögen soll Glasfaserausbau sicherstellen

Die Große Koalition will erreichen, dass bis zum Jahr 2025 alle Niedersachsen an das schnelle Internet angeschlossen sind. Vor allem die sogenannten weißen Flecken wie Gewerbegebiete, Häfen und Schulen sollen bis 2021 ans Glasfasernetz. Bis Ende 2020 will die Landesregierung mindestens 300 Millionen Euro in den Gigabitausbau investieren, bis Ende 2022 mindestens 500 Millionen Euro. Mit der Bildung eines Sondervermögens hat die SPD/CDU-Koalition sichergestellt, dass unabhängig von möglichen konjunkturellen Schwankungen genügend Geld für die große Aufgabe zur Verfügung steht. Der „Digitalpakt“ zwischen Bund und Ländern berührt eine andere Frage, nämlich die „digitale Grundausstattung“ in den Schulen. Für Niedersachsen stehen hier 470 Millionen Euro in Aussicht, in den vergangenen Wochen hatte es aber widersprüchliche Aussagen dazu gegeben, was aus diesem Topf gezahlt werden soll und was nicht. In der Landesregierung in Hannover vertritt das Wirtschaftsministerium offenbar die Position, dass das Geld aus diesem „Digitalpakt“ allein für Projekte in den Schulen fließen soll – also nicht für den Breitbandanschluss der Schulen. Es geht am Ende auch um die Frage, aus welchem Etat der Eigenanteil des Landes zu den 470 Millionen Euro – das wären 47 Millionen Euro – kommen soll. Aus dem für die Schulen zuständigen Kultusressort oder aus dem für die Digitalisierung hauptsächlich zuständigen Wirtschaftsressort?