2. Juni 2022 · 
Inneres

Fallzahlen steigen: Datenschutzbeauftragte fordert zehn neue Stellen für ihr Amt

Barbara Thiel, Landesbeauftragte für Datenschutz, fordert mehr Manpower für ihre Behörde. | Foto: CDU, GettyImages/timyee, Montage: Rundblick

Die Datenschutzverletzungen, mit denen sich die Landesbeauftragte Barbara Thiel befasst, sind 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Gingen bei der Landesdatenschutzbehörde 2020 noch weniger als tausend Meldungen ein, so waren es im vorherigen Jahr mehr als 1600. „Es war mir wegen dieser hohen Fallzahlen erneut nicht möglich, in angemessenem Umfang proaktiv zu handeln“, betonte Thiel mehrmals in der gestrigen Pressekonferenz. Aktuell arbeiteten in der Behörde 56 Mitarbeiter, davon drei in Projektstellen, die demnächst wegfallen würden. „Das macht eine wirksame Durchsetzung des Datenschutzes nicht möglich. Wir brauchen noch etwa zehn neue Leute.“ 

SPD-Innenpolitiker sperrt sich gegen mehr Personal

Thiel hatte ihren aktuellen Tätigkeitsbericht am Vormittag im Innenausschuss vorgestellt. Dabei war es zu einem Eklat gekommen, als das Thema Datenschutz und Kindesmissbrauch angesprochen wurde. Der SPD-Innenpolitiker Ulrich Watermann schloss definitiv aus, dass er einem Personalaufwuchs beim Datenschutz zustimmen werde – solange der Datenschutz aus seiner Sicht dazu beiträgt, die Verfolgung von pädophilen Tätern beim Kindesmissbrauch zu erschweren. „Von mir werden sie sicher keine Unterstützung bekommen“, sagte Watermann. Marco Genthe (FDP) und Thiel selbst wiesen Watermanns Einwand zurück und betonten, die geltenden Datenschutz-Regeln seien gesetzlich festgelegt und müssten, wohl oder übel, vollzogen werden. Thiel nahm in der Pressekonferenz auch Stellung zu der Aussage von Justizministerin Barbara Havliza: „Für unsere Kinder brauchen wir den bestmöglichen Schutz, hier darf Datenschutz nicht vorgehen.“ Thiel meinte, sie habe für diese Haltung Verständnis – Abhilfe könne aber nur eine Änderung der Rechtsvorschriften bringen.

Bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichtes äußerte Thiel verhaltene Kritik am Kultus- und Innenministerium. Das waren die prägenden Themen des vergangenen Jahres:

Beratungen zur Bildungscloud

Trotz mehrjähriger Arbeit ist der Austausch mit dem Kultusministerium zur Bildungscloud zu „keinem befriedigendem Ende“ gekommen, so Thiel. Nach wie vor bestünde noch an vielen Stellen Änderungs- und Ergänzungsbedarf, sodass ihre Behörde sich damit nicht einverstanden erklären könne. „Vor dem Hintergrund der umfangreichen Beratungen kann ich eine erneute Prüfung nicht mehr durchführen“, sagte Thiel, deren Amtszeit in wenigen Monaten endet. Die gewonnenen Erkenntnisse würde sie jedoch in ein Eckpunktepapier einfließen lassen.

Warten auf Polizei-Diensthandys

„Die Arbeit mit dem Innenministerium war herausfordernd“, sagte Thiel. Die Datenschutzbeauftragte beanstandete 2021 die Nutzung des polizeilichen Messenger „Nimes“ auf privaten Geräten. Zu groß sei die Gefahr, dass so von außen auf polizeiinterne Inhalte zugegriffen werde. Eine Alternative seien Diensthandys, auf denen dann „Nimes“ installiert werden könne. Dann habe das Innenministerium die Anschaffung von 5000 Diensthandys angekündigt, bisher sei aber nur ein Bruchteil des Geldes dafür ausgegeben worden. „Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein", beklagte Thiel.



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42 Bußgeldbescheide verschickt

Das Bußgeld gegenüber Firmen, die Datenschutzregeln missachten, brachte im vergangenen Jahr mehr als 270.000 Euro in die Landeskasse. Als Dauerbrenner bezeichnete Thiel Beschwerden rund um das Thema Videoüberwachung. „Immer mehr Arbeitgeber fühlen sich im Recht, ihre Mitarbeiter zu überwachen.“ In einem besonders schwerwiegenden Fall wurde eine Strafe von 200.000 Euro verhängt – das höchste Einzelbußgeld 2021.

Corona befeuert Verstöße

Auch Corona hatte im vergangenen Jahr weiterhin einen unmittelbaren Einfluss auf die Datenschutzverstöße, so wurden zum Beispiel Corona-Testergebnisse an falsche Personen weitergeleitet. Bei der Handhabung mit der Luca-App beriet die Landesdatenschutzbehörde das Niedersächsische Innenministerium. „Auch wenn ich an dieser Stelle recht spät eingebunden worden bin. Das hätte ich mir früher gewünscht.“ 

Dieser Artikel erschien am 3.6.2022 in Ausgabe #104.
Audrey-Lynn Struck
AutorAudrey-Lynn Struck

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