16. Apr. 2022 · 
Parteien

FDP-Chef fordert: Bundeswehr soll verstärkt in Schulen für sich werben

FDP-Chef Stefan Birkner stellt die politischen Ziele seiner Partei in Niedersachsen für 2022 vor. | Foto: Link, Bundeswehr, Canva

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ nach dem russischen Überfall auf die Ukraine muss nach den Worten des FDP-Fraktionsvorsitzenden Stefan Birkner auch Folgen für die Politik in Niedersachsen haben. „Wir haben es im Laufe der Jahre verlernt, uns auf Gefahren vorzubereiten und in dem Bewusstsein zu leben, dass jederzeit eine Katastrophe geschehen kann“, sagte Birkner. Die FDP-Landtagsfraktion hat ein Konzept geschrieben mit dem Ziel, die „Krisenresilienz zu stärken“ und den „Neuaufbau eines funktionierenden Zivilschutzes“ anzustreben. Das Projekt ist Teil des neuesten Strategiepapiers der FDP zu den landespolitischen Konsequenzen aus Putins Angriffskrieg. Hier einzelne Punkte:

Bundeswehr soll in Schulen werben

Vertreter der Bundeswehr, der Polizei, des Technischen Hilfswerks THW und des Katastrophenschutzes sollten regelmäßig in den Schulen über ihre Arbeit berichten und über die wichtigen Schritte des Zivilschutzes aufklären. Auch Katastrophenschutzübungen in den Schulen seien sinnvoll und notwendig, jeder Schüler solle mindestens einmal jährlich eine Katastrophenschutzübung erlebt haben. „Aussagen, dass Uniformträger an Schulen nichts zu suchen hätten, sind ideologisch und müssen ein für allemal der Vergangenheit angehören. Solche Positionen sind aus der Zeit gefallen“, betont Birkner. Das Bespiel Taiwan zeige, dass es sehr wohl eine wehrhafte Gesellschaft geben könne, die dennoch demokratisch konstituiert ist. Beides schließe einander nicht aus.

Reservedienst für Katastrophenschutz

Damit Rettungs- und Hilfsdienste in Krisenfällen auf mehr freiwillige Kräfte zurückgreifen können, solle eine „Reserve“ zielstrebig aufgebaut und stabilisiert werden. Dies müsse planmäßig geschehen und über die bisherigen freiwilligen Angebote hinausgehen. „Wir brauchen mehr Angebote für Menschen, die sich engagieren wollen.“

Mehr Geld für Zivil- und Katastrophenschutz

Die Entscheidung von Finanz- und Innenministerium, kurzfristig 40 Millionen Euro für einen besseren Katastrophenschutz bereitzustellen, begrüßt die FDP. Der Innenpolitiker Marco Genthe spricht gleichwohl von einem „Offenbarungseid“, da SPD und CDU jahrelang die Rufe der Kommunen nach einem höheren Etat in diesem Bereich abgelehnt hätten – zuletzt noch im Herbst 2021. Genthe berichtet, die Landesregierung habe nach seinen Informationen jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt geraten, jährlich eine Stabsübung und alle drei Jahre eine Voll-Übung im Katastrophenschutz abzuleisten. „Ende 2021 wurde mir berichtet, dass in der Hälfte der Kommunen zwischen 2013 und 2020 nicht eine einzige Übung stattgefunden hat.“ Die Zivilschutzfahrzeuge seien im Schnitt 11,9 Jahre alt, also hoffnungslos veraltet.

Flexibilität in Schulen und Kindergärten

Die FDP wirbt dafür, dass in den Kindergärten in Bezug auf Gruppengrößen, Qualifikation von Zweit- und Drittkräften und Aufnahmeregeln größtmögliche Flexibilität herrschen solle. Die Schüler aus der Ukraine sollten nach Möglichkeit auch ihren heimischen Stoff vermittelt bekommen, dazu müssten die dortigen Lehrpläne übersetzt werden. Es sei ratsam, geflüchtete Lehrerinnen aus der Ukraine unter Vertrag zu nehmen – „auch wenn sie nur ein Unterrichtsfach und nicht wie in Deutschland zwei Fächer studiert haben“. Die Bürokratie der Landesschulbehörde dürfe nicht hinderlich werden.

Energieversorgung: Fracking darf "kein Tabu sein"

Birkner meint, das „Fracking“ zur Gewinnung von Gas aus Gestein dürfe „kein Tabu sein“. Er spreche sich nicht für Fracking aus, aber dagegen, Fracking von vornherein zu verwerfen. „Wir müssen eine nüchterne Diskussion darüber führen.“ Auch über die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke, etwa das im Emsland, müsse vorurteilsfrei diskutiert werden. „Die Hürden sind fehlendes Personal, fehlende Brennstäbe und ein aufwendiges Genehmigungsverfahren. Wir müssen aber darüber reden, ob das trotzdem sinnvoll sein könnte.“ So könne Atomstrom Gaskraftwerke entlasten, damit das Gas vorrangig für die Wärmeerzeugung genutzt wird. Ein Modell sei auch, neben dem AKW Emsland eine Anlage zu bauen, in der Wasserstoff produziert wird, das dann dem Gas beigemengt werden könnte.

Dieser Artikel erschien am 19.4.2022 in Ausgabe #072.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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