22. Okt. 2018 · 
Justiz

FDP mahnt: Katholische Kirche darf sich nicht im Missbrauchsfall vor der Justiz abschotten

Die FDP-Landtagsfraktion appelliert an Justizministerin Barbara Havliza (CDU), in den Fällen sexuellen Missbrauchs von Priestern gegenüber Jugendlichen eine schärfere Gangart einzulegen. „Es kann nicht sein, dass sich große Institutionen wie die katholische Kirche oder auch der Volkswagenkonzern auf das Wohlwollen des Staates verlassen können. Auch hier muss die Justiz ohne Hinderungen ermitteln“, sagte FDP-Fraktionschef Stefan Birkner. Er bezog sich auf die Aussage von Havlizas Sprecher, man suche das Gespräch mit den Bischöfen – und die Staatsanwaltschaften sähen derzeit „keinen Anfangsverdacht“. Birkner hegt den Verdacht, die Justiz nehme hier zu viel Rücksicht auf die Kirche, die in einer internen Aufarbeitung bei 1670 Geistlichen bundesweit den Verdacht auf sexuellen Missbrauch festgestellt hat. Im Bistum Hildesheim wurden 46 von 848 Geistlichen solcher Taten beschuldigt, 36 sind bereits verstorben. Von den übrigen zehn werden zwei nicht des Missbrauchs, sondern „grenzüberschreitenden Verhaltens“ verdächtigt. In vier der übrigen acht Fälle wurden Strafanzeigen gestellt, in drei der vier restlichen Fälle handelt es sich um Missbrauchsfälle, die bisher nicht angezeigt wurden. Birkner sagt, selbst wenn sich Opfer und Täter verständigen sollten, sei es Zuständigkeit der Justiz, bei Offizialdelikten über derartige Fällen und die Strafverfolgung zu wachen. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass für mächtige Institutionen ein Sonderrecht besteht“, betonte Birkner. Dass ein Beweisverwertungsverbot bestehe, wenn Erkenntnisse der Kirche etwa in einer Buße gegenüber Geistlichen gewonnen wurden, stehe auf einem anderen Blatt. Als „positiv“ bewertet Birkner die Rolle des neuen Hildesheimer Bischofs Heiner Wilmer, der seinem Vor-Vorgänger in dieser Frage offen „Vertuschung“ vorgeworfen und radikale Aufklärung versprochen hatte.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #187.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail