Für die niedersächsischen Sozialdemokraten gab es keine richtige Verschnaufpause. Direkt nach der für sie sehr erfolgreichen verlaufenen Bundestagswahl begann man in der hannöverschen Odeonstraße mit den ersten Planungen für das Wahljahr 2022. Am 9. Oktober wird der niedersächsische Landtag gewählt und für die SPD steht fest: Stephan Weil muss Ministerpräsident bleiben.

Sitz der SPD Niedersachsen: das Kurt-Schumacher-Haus in der Odeonstraße in Hannover | Foto: Kleinwächter

Um die Weichen dafür zu stellen, tritt seit Ende September 2021 alle 14 Tage eine neugegründete Wahlkampf-Kommission zusammen. In Zusammenarbeit mit den beiden Agenturen ASK.Berlin und Pahnke aus Hamburg entwickelte man in dieser Runde auch den Look und den Slogan, der die Kampagne der SPD in diesem Jahr prägt: „Das Land in guten Händen.“


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Das man auf den Amtsbonus von Ministerpräsident Weil setzen müsse, habe schnell festgestanden, erzählte mir Axel Rienhoff bei meinem Besuch im Kurt-Schumacher-Haus. Als Landesgeschäftsführer ist er für den operativen Teil des Wahlkampf-Managements verantwortlich. Für die politische Seite stehen Generalsekretärin Hanna Naber und natürlich der Parteichef und Spitzenkandidat selbst in der Pflicht. „Selbst als die SPD in den bundesweiten Umfragen bei 14 Prozent lag, hatte Stephan Weil stabile Zustimmungswerte“, erklärte Rienhoff. Kein Wunder also, dass er nun im Fokus der Kampagne steht.

Als Landesgeschäftsführer ist Axel Rienhoff für das operative Wahlkampf-Management zuständig. | Foto: Kleinwächter

Doch neben dem Spitzenkandidaten, dessen Wahlkreis Hannover-Buchholz im Nordosten der Landeshauptstadt liegt, wollen natürlich auch viele andere Sozialdemokraten in den Landtag einziehen. Damit ihnen das gelingt, werden sie zum einen von Weil persönlich unterstützt. Sein Anspruch ist es, jeden Wahlkreis mindestens einmal zu besuchen. Philip Neessen, Persönlicher Referent des SPD-Chefs, koordiniert diese Termine. „Wir besprechen mit den Kandidaten vorab sehr genau, was im Wahlkreis passieren soll“, erklärte mir Neessen. „Wichtig ist, dass keine einseitigen Gespräche geführt werden. Wenn beispielsweise ein Altenheim besucht wird, möchte Stephan Weil sowohl mit den Senioren als auch mit den Pflegekräften und der Heimleitung sprechen.“



Zum anderen sitzt im Kurt-Schumacher-Haus Philip Ebert: ein Mitarbeiter, der einzig und allein für die Betreuung der SPD-Wahlkreiskandidaten zuständig ist. Derzeit unterstützt er die Frauen und Männer dabei, ihre Plakate, Faltblätter und Visitenkarten zu gestalten. Dafür gibt es extra ein Online-Tool, mit dem die Kandidaten mit einem Baukastensystem ihre persönlichen Bilder und Botschaften ins Format der aktuellen Design-Richtlinie bringen können.

Im Online-Shop können Kandidaten ihre Werbemedien gestalten. | Foto: Kleinwächter

Jede Bestellung von Werbematerial über den Online-Shop geht noch einmal über Eberts Schreibtisch, um kleine Fehler im Layout zu korrigieren oder auch um rechtliche Dinge wie das Impressum im Blick zu haben. Ab den Sommerferien, denkt er, wird sich seine Aufgabe dann dahingehend verändern, dass er die Kandidatinnen und Kandidaten eher bei der Planung von Veranstaltungen unterstützen muss.

Zwei Etagen weiter unten, im Keller der SPD-Parteizentrale, befindet sich in einem Raum, der bis vor kurzem eine Abstellkammer war, nun ein Großraumbüro mit der Aufschrift: Kampa LTW 2022. Hier arbeiten zwei Teams eng zusammen: die Kommunikationsabteilung mit Pressesprecherin Vivien Werner und das Dialogteam. Für diejenigen, die Social Media verstanden haben, ist nämlich längst klar, dass Kommunikation keine Einbahnstraße (mehr) ist.

Im Dialog-Team beantworten Jusos alle Anfragen, die an die Partei gerichtet werden. | Foto: Kleinwächter

Bis zu zehn Mitarbeiter kümmern sich in Schichten um die Social-Media-Kanäle von Stephan Weil und der SPD Niedersachsen. Bei dem, was in Weils Namen abgeschickt wird, ist der Landesvorsitzende auch immer beteiligt – wenn er es nicht sogar persönlich schreibt. Wichtiger noch ist aber, dass die zahlreichen Anfragen in den sozialen Netzwerken, per Mail oder Anruf auch beantwortet werden. Im Schichtdienst arbeiten fünf Jusos im Dialogteam und versuchen jede schriftliche Anfrage innerhalb von maximal 24 Stunden zu beantworten. Grundlage für die Antworten sind viele Quellen: Parteiprogramme, Gesetzestexte und natürlich Interviews des Parteichefs.

Die Teams für Kommunikation und Dialog arbeiten im Kampa-Büro eng zusammen. Noch ist wenig los, die heiße Wahlkampf-Phase kommt noch. | Foto: Kleinwächter

Selbst wenn die Online-Kommunikation immer bedeutsamer wird, bleiben jedoch auch in diesem Wahlkampf die traditionellen Werbeträger wichtig. „Der Kugelschreiber mit Parteilogo bleibt das beliebteste Giveaway“, sagte mir SPD-Landesgeschäftsführer Rienhoff. Und auch am klassischen DIN A1 Wahlplakat führe kein Weg vorbei. Allerdings beeinflussen zwei große Trends die Beschaffung der Werbematerialien in diesem Jahr. Papier wird knapp und teuer; bei den Wahlkämpfen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben die Parteien das schon zu spüren gekriegt.

Fensterbank im Kampa-Keller. | Foto: Kleinwächter

In der niedersächsischen Landesgeschäftsstelle musste deshalb viel Energie investiert werden, um hier stabile Preise auszuhandeln. Und zusätzlich steigt natürlich das Umweltbewusstsein. Das Material der Werbeträger soll recyclebar sein, weniger Plastik, mehr regionale Produkte wie etwa Marmeladen oder Honig mit dem Konterfei der Kandidaten. Und das Papier, das die SPD für ihre Faltblätter nutzt, sollte nach Möglichkeit schon den Blauen Engel tragen.

Auf ein Wort mit Stephan Weil: Das Format aus dem vergangenen Wahlkampf wird fortgesetzt. | Foto: Kleinwächter

Noch wichtiger bleibt für die SPD aber die persönliche Begegnung. Spitzenkandidat Weil tourt schon jetzt fleißig durchs Land. Je näher der Wahltermin rückt, desto wichtiger werden dann die Vor-Ort-Termine. Motivierende Reden vor Genossen im Festzelt soll es dabei nicht so viele geben, verriet mir Rienhoff. Stattdessen sollen die Bürger die Gelegenheit bekommen, mit Weil persönlich zu sprechen. „Einhundert Bürgerinnen und Bürger für zehn Minuten auf dem Marktplatz sind im Wahlkampf wichtiger als einhundert Genossinnen und Genossen für anderthalb Stunden im Bierzelt.“