Die etwa 2200 Moscheegemeinden in Deutschland sollen künftig die Chance haben, auch hierzulande ausgebildete Imame zu berufen. Wie Wissenschaftsminister Björn Thümler gegenüber dem Politikjournal Rundblick erklärte, startet ihre Ausbildung am Islamkolleg in Osnabrück im kommenden April. „Wir haben eine Vereinbarung mit dem Bundesinnenministerium geschlossen, der Bund leistet einen großen Zuschuss, das Land beteiligt sich ebenfalls.“

Der Aufbau einer Imam-Ausbildung in Deutschland ist seit Jahren ein Streitthema zwischen den verschiedenen hier aktiven Islamverbänden und der Politik. Die Verbände berufen sich auf die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit und verbitten sich jeglichen Einfluss des deutschen Staates. Auf der anderen Seite wird die bisherige Rolle vieler Imame in den Gemeinden, die ganz überwiegend aus der Türkei gerufen werden oder anderen europäischen oder afrikanischen Nachbarländern, kritisch eingeschätzt. Vorwürfe werden laut, diese Vertreter würden sich weniger als Geistliche begreifen und mehr als verlängerter Arm der türkischen Regierung, ihr Verhältnis zu den Grundlagen des freiheitlichen Rechtsstaats sei oft auch fragwürdig.

Wenn wir jetzt damit nicht anfangen, sind wir in zehn Jahren noch nicht weiter. Sicher wird man in unserem Konzept ein Haar in der Suppe finden – aber wir müssen erst einmal den ersten Schritt gehen.

In der ersten Phase sollen 20 Absolventen des Studiengangs islamische Theologie in Osnabrück mit der Imam-Ausbildung, die zweieinhalb Jahre bis zum Abschluss dauert, beginnen. „Dies ist ein erster Schritt, den in der Theorie lange geforderten Weg einer Ausbildung der Imame in Deutschland auch in die Tat umzusetzen, also ein Anfang“, sagte Thümler dem Rundblick. Für fünf Jahre unterstützt der Bund dieses Projekt mit 4,5 Millionen Euro, das Land Niedersachsen mit 450.000 Euro. Den Teilnehmern der Kurse werden Kenntnisse vermittelt in der Predigtlehre, der Seelsorge, der sozialen Arbeit, der Gemeindepädagogik und der politischen Bildung. Dieser Aufbau einer Imam-Ausbildung, der von der deutschen Politik begleitet wird, war auch ein Thema in den Diskussionen über einen Islamvertrag, der vor Jahren angepeilt worden war.

Die Verhärtungen in den Debatten mit den Islamverbänden Ditib und Schura hatten allerdings den Abschluss der Vereinbarung erst herausgezögert und später dann torpediert. Thümler erklärt nun, man wolle ohne ein solches Vertragswerk vorankommen. „Wenn wir jetzt damit nicht anfangen, sind wir in zehn Jahren noch nicht weiter. Sicher wird man in unserem Konzept ein Haar in der Suppe finden – aber wir müssen erst einmal den ersten Schritt gehen“, betont der Wissenschaftsminister. Die in Deutschland lebenden Muslime hätten ein Recht darauf, auch solche Imame in ihren Moscheen zu bekommen, die in diesem Land ausgebildet wurden, hier lange gelebt haben und die praktischen Probleme des Alltags kennen.

Bedarf auch bei Bundeswehr und Bundespolizei

Dabei sehen die Grundzüge des Konzepts von Thümler, das er mit dem Berliner Innen-Staatssekretär Markus Kerber abgestimmt hat, die strikte Staatsferne vor. Kerber hatte intern betont, dass auch in der Bundeswehr und bei der Bundespolizei der Bedarf an Imamen bestehe, weil beispielsweise für muslimische Soldaten und Polizisten die Militär- und Polizeiseelsorge angeboten werden müsse. Die Rolle des Landes bei dem nun vorgeschlagenen Weg sei zurückhaltend, Thümler spricht von einer „Patenschaft“. Dazu wurde ein Verein gegründet, an dem weder Bund noch Land beteiligt sind. Da die muslimischen Gemeinden keine Kirchensteuereinnahmen haben, werde eine staatliche Anschubfinanzierung benötigt, die gewährleistet sei. „Wir machen uns für diesen Weg stark und es sehen ihn als Initial. Dies schließt weitere Initiativen aber keineswegs aus“, betont Thümler.