Niedersachsens Agrar- und Verbraucherschutzministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) hat am Dienstag den bundesweit ersten Hauswirtschafts-Führerschein vorgestellt. Entwickelt wurde das zwölf Module umfassende Fortbildungsprogramm von der Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft und dem Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft (Zehn), einer vom Landesministerium finanzierten Einrichtung in Oldenburg.

Der Hauswirtschafts-Führerschein hat viele Mütter: vorne weg Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (rechts) und Anja Köchermann von der Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft (links) – Foto: nkw

Bereits 2019 wurden die Inhalte in einem vom Land mit 38.000 Euro geförderten Projekt erstmals zusammengetragen. In der Zwischenzeit wurde der Leitfaden so weiterentwickelt, dass er nun mit Beginn des kommenden Schuljahrs ab August zur praktischen Anwendung kommen kann – zunächst allerdings nur in den Berufsbildenden Schulen in Niedersachsen. Die Lerninhalte richten sich an junge Menschen, die sich auf dem Weg in die Ausbildung, die erste eigene Wohnung und ein eigenständiges Leben befinden. „Wir brauchen einen modernen und gut zugänglichen Leitfaden, um die Alltagskompetenzen junger Menschen zu stärken“, erklärte Otte-Kinast.

Entscheidungen im eigenen Haushalt haben Auswirkungen auf die eigene Gesundheit, die Finanzen und auch die Umwelt.

Vermitteln soll der Hauswirtschafts-Führerschein grundlegende Alltagskompetenzen. „Wir wollen die Brücke zwischen Wissen und bewusstem, aktiven Handeln schaffen“, erläuterte Rike Bullwinkel, Leiterin des „Zehn“. „Entscheidungen im eigenen Haushalt haben Auswirkungen auf die eigene Gesundheit, die Finanzen und auch die Umwelt.“ Im ersten Modul geht es deshalb beispielsweise um den Einkauf und die Lagerung von Lebensmitteln, damit diese nicht so schnell verderben. Mit dem Ausgeben von Geld fingen junge Menschen schon an, bevor sie selber etwas verdienten, sagte Angrit Bade, die Fachreferentin für Hauswirtschaft im „Zehn“. Der Führerschein soll den Heranwachsenden zeigen, wie sie ihr Geld sinnvoll einteilen, damit davon der notwendige Bedarf genau so gedeckt werden kann wie die Ausgaben für die Freuden des Lebens. Bade erinnert dabei an das klassische Haushaltsbuch, das man handschriftlich führen könnte. Es gebe aber auch zahlreiche Apps, die die Kontrolle über die eigenen Finanzen deutlich einfach im Blick behalten ließen.

In einem weiteren Modul des Hauswirtschafts-Führerscheins geht es sodann auch um das Abschließen von Verträgen. Der erste eigene Vertrag sei für viele junge Menschen vermutlich der Handy-Vertrag, denken die Erfinderinnen des Leitfadens. Mit Beginn der eigenen Ausbildung kommen aber rasch auch der Mietvertrag oder erste Versicherungen hinzu. Das Ausbildungsprogramm des Hauswirtschafts-Führerscheins führt Jugendliche außerdem an das Thema Hygiene im Haushalt heran: Wie viele Mikroorganismen leben auf einem Spüllappen? Wann muss ich den waschen oder sollte ich ihn lieber ersetzen? Auch die korrekte Dosierung von Spül- oder Waschmittel wird in einem Modul vermittelt. „Es geht auch um die Pflege der Haushaltsgegenstände, damit ich die nicht ständig neu kaufen muss“, erklärte Bade.

Allgemeinbildende Schulen folgen erst später

An jeder zweiten Berufsbildenden Schule in Niedersachsen wird Hauswirtschaft bereits als Unterrichtsfach angeboten, das entspricht 75 Standorten. An diesen wird der Hauswirtschafts-Führerschein nun zunächst den knapp 400 vorhandenen Hauswirtschaftslehrern zur Verfügung gestellt. Ein Modul entspricht etwa vier Unterrichtsstunden, der Führerschein ist also so konzipiert, dass er in einem halben oder einem ganzen Schuljahr absolviert werden kann. An den Berufsbildenden Schulen seien die Inhalte in den bereits bestehenden Unterricht zur Berufsvorbereitung zu integrieren, erklärten die Fachleute.

Eine Einbindung des Hauswirtschafts-Führerscheins an allgemeinbildenden Schulen ist allerdings erst für einen späteren Zeitpunkt geplant. Zunächst müsse dafür ein entsprechenden Weiterbildungsprogramm für die Lehrkräfte entwickelt und angeboten werden. Das Agrar- und das Kultusministerium seien aber in enger Abstimmung, hieß es gestern. Man zeigte sich zuversichtlich, dass der nächste Schritt auch bald möglich sei, konnte aber noch keinen konkreten Startzeitpunkt nennen.

Ministerin: „Hauswirtschaft ist echtes Management“

„Wir wissen, dass in den Schulen gerade andere Prioritäten vorherrschen“, räumte Ministerin Otte-Kinast ein. Doch sie glaubt auch, dass die Corona-Pandemie dem Thema Hauswirtschaft Rückenwind gegeben habe. So wusste sie von Lehrern zu berichten, die mit den Schülern im Homeschooling gekocht haben oder vermittelten, wie man die Wäsche sortieren muss. „Hauswirtschaft ist ein echtes Management“, beteuerte sie, die selber gelernte Hauswirtschafterin ist.