In der Büroleiter-Affäre werden nun Zweifel am Agieren von Regierungssprecherin Anke Pörksen (SPD) laut. Die CDU-Landtagsfraktion wirft ihr vor, sie habe eine „Irreführung der Öffentlichkeit“ betrieben. Es geht um die Mitte Mai getroffene Aussage der Staatskanzlei gegenüber der Deutschen Presse-Agentur und anderen Medien, dass neben Stephan Weils Büroleiterin Aynur C. noch weitere Verwaltungsbedienstete von der umstrittenen neuen Verwaltungspraxis bei AT-Verträgen profitiert hätten.

Mehrere Medien hatten seinerzeit die Aussage zitiert und hinzugefügt, der Fall C. sei tatsächlich „kein Einzelfall“ gewesen und es sei der Regierung nur um eine allgemeine Regel gegangen. Es seien nämlich „in den vergangenen fünf Monaten mindestens zwei weitere Beschäftigte der Ministerien und der Staatskanzlei schneller als ursprünglich geplant in den Genuss einer Höherstufung gekommen“. Die CDU hinterfragte diese Aussage und wollte genau wissen, um welche Beschäftigten und um welches konkrete Regelwerk es hier gehe. Die CDU fragte auch, ob diese beiden Mitarbeiter tatsächlich vom Kern der Neuerung, einem Verzicht auf eine detaillierte Nachprüfung und einem Verzicht auf die Einwilligung des Finanzministeriums, profitiert hätten.
Inzwischen liegt nun die Antwort der Landesregierung vor – und aus Sicht der CDU ist diese entlarvend. Es stelle sich nämlich heraus, dass die beiden erwähnten Mitarbeiter, die im Sozialministerium tätig sind, keineswegs nach der neuen Verwaltungspraxis beurteilt wurden. Bei ihnen sei nicht – wie im Fall C. – auf die Einwilligung des Finanzministeriums zur Zahlung einer AT-Zulage verzichtet worden. Vielmehr habe es diese Einwilligung gegeben. Für beide hat es laut Mitteilung der Landesregierung auch eine „Nachzeichnung“ nach der alten Praxis gegeben. Das heißt: Es wurde geprüft und bejaht, dass die Betreffenden auch dann zu der Gehaltsaufbesserung gelangt wären, wenn sie Beamte gewesen wären. Dies war im Fall C. aber der entscheidende Punkt: Bei der „Nachzeichnung“ hätte C. keine Chance auf die AT-Gewährung erhalten, sie hätte bis zu zehn Jahre darauf warten müssen. Der einzige Punkt, in dem es für die beiden Betroffenen einen Vorteil aus der neuen Verwaltungspraxis gegeben habe, sei der Zeitpunkt der AT-Gewährung gewesen – nämlich ein Verzicht auf eine sechsmonatige Probezeit vor dem Start einer AT-Vergütung nach der entsprechenden Antragstellung.
„Die Erzählung, es gehe um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes, bleibt was sie war: ein Märchen.“
Die CDU zieht daraus folgenden Schluss: Der nach wie vor einzige Fall, in dem mit der neuen Verwaltungspraxis eine Berufseinsteigerin wenige Monate nach ihrem Master eine B2-Vergütung erhielt, sei der Fall von C.. Die wiederholte Behauptung der Staatskanzlei, es sei bei der Veränderung der Praxis gar nicht nur um C. gegangen, werde durch die neue Antwort der Landesregierung nun widerlegt. Mit der Erklärung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur von Mitte Mai, die dann von vielen Medien bundesweit nachgedruckt wurde, „hat die Sprecherin des Ministerpräsidenten, Anke Pörksen, die Öffentlichkeit getäuscht“, heißt es in der Mitteilung der CDU. „Die Erzählung, es gehe um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes, bleibt was sie war: ein Märchen.“ Mit dem Hinweis auf nur scheinbar vergleichbare Fälle aus anderen Ministerien habe Pörksen Grenzen überschritten. Damit richten die Christdemokraten nun den Fokus der Büroleiter-Affäre auf einen Punkt, der bisher noch keine Rolle spielte – die Glaubwürdigkeit der Öffentlichkeitsarbeit der Staatskanzlei.
Pörksen reagierte am Mittwochabend auf die Vorwürfe der CDU, die mittags bekannt geworden waren. Sie sagte: „Den Vorwurf der Täuschung weise ich freundlich, aber bestimmt zurück.“ Dann wiederholte sie noch einmal längere Passagen aus der Antwort der Regierung auf die Anfrage der CDU-Abgeordneten – und bestätigte am Ende, dass lediglich in einer Zeitverkürzung ein „Profitieren“ der beiden Mitarbeiter von der Neuregelung bestehe. Die sonstige Zeitdauer bis zum Empfang der AT-Vergütung sei in einem Fall um sechs Monate, im anderen um 1,5 Jahre verkürzt worden.