Die Zahl der Ermittlungsverfahren zu den Themen Kinderpornographie und Kindesmissbrauch steigt steil an, die federführende Staatsanwaltschaft Hannover braucht unbedingt mehr Stellen. Auf der anderen Seite soll auch die Präventionsarbeit verstärkt werden. Im Innenministerium ist eine Stabstelle für die „Kinderschutzallianz“ eingerichtet worden – ein Ableger einer bundesweiten Initiative, die wiederum ein Nachfolgeprojekt für eines von 2009 darstellt, das damals unter dem Begriff „White IT“ das Vorgehen gegen Kinderpornographie im Netz koordiniert hat. Die „Kinderschutzallianz“ stellt sich nun aber viel breiter auf, wie der zuständige Referatsleiter Michael Zimmer jetzt in der Enquetekommission Kinderschutz im Landtag erläuterte. Zimmer ist zugleich zuständig für Informationssicherheit und Cybersicherheit im Innenministerium.
Die Stabstelle für die „Kinderschutzallianz“ hat lediglich zwei Stellen – und sie versteht sich, wie Zimmer erläuterte, vor allem in einer Netzwerk-Funktion. Es geht um die Weitergabe von Informationen über neue Wege und Angebote, den Wettbewerb guter Konzepte und die Anbahnung von Kooperationen. Rund 70 verschiedenen Organisationen zählen zu den dauernden Bündnispartnern der Geschäftsstelle. Eine wichtige Rolle in dieser „Kinderschutzallianz“ nimmt der Polizeibeamte Jürgen Henze aus Bad Nenndorf ein, der federführend einige Projekte betreut, an der Entwicklung mitgewirkt hat und einiges davon auch schon in seinem Heimatkreis Schaumburg ausprobiert hat. Dort ist er seit elf Jahren federführend für die Präventionsangebote zuständig.
Es häufen sich Klagen über Jugendliche, die über Handy-Kontakte Mobbing betreiben, Hass-Botschaften verbreiten und sexualisierte Gewalt ausüben – häufig, ohne das nötige Problembewusstsein zu haben. Nun ist eine neue App entwickelt worden, die auf den Handys der Kinder installiert werden und eine Kontaktmöglichkeit zu den Handys der Eltern ermöglichen soll. Sobald der Jugendliche dann beginnt, Hass-Botschaften oder ähnliches zu verfassen, erkennt die App über künstliche Intelligenz die Gefahr und rät den Eltern, dass sie ein Gespräch mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter führen sollen. Darüber wird dann auch der Verfasser der Nachricht informiert. Dieser Weg soll, wie Henze berichtete, das Gespräch zwischen Eltern und Kindern über die Möglichkeiten und Grenzen der Handy-Kommunikation ermöglichen. „Wir stellen fest, dass bei Kindern ab der vierten Klasse verletzende Botschaften schneller geschrieben sind als sie gesagt werden können“, betont Henze.
Die „Kinderschutz-Allianz“ geht auch Beschwerden nach, dass Kinder oft auf dem Weg zur Schule Mobbing-Opfer von Mitschülern oder anderen Verfolgern werden, dass sie bedrängt, bedroht und in Angst versetzt werden. Damit sie ohne Furcht zur Schule gehen können, soll in Schulwegnähe sogenannte „Kinderschutz-Inseln“ geben – also beispielsweise Einzelhandelsgeschäfte, Gaststätten oder Bäckereien, in denen die Kinder Zuflucht und Rat erhalten können. Diese Einrichtungen sollen offen zugänglich sein, dürfen nicht auf Hinterhöfen sein – und es muss dort immer Ansprechpartner geben, die im Notfall wissen, wie sie zu reagieren haben.
Die „Kinderschutz-Allianz“ fördert auch spezielle Angebote in Form von Büchern oder Gesellschaftsspielen, die den Kindern und Jugendlichen Wege vermitteln sollen, wie sie sich gegen Hass-Botschaften stärken oder Gefahren des Missbrauchs erkennen und frühzeitig gegensteuern können.