Momentan reiht sich Krisengespräch an Krisengespräch, und in den niedersächsischen Kommunalverbänden herrscht Anspannung. „Das größte Problem sind die Sammelunterkünfte, die jeder Landkreis in seinem Gebiet anmieten oder auf andere Art bereitstellen muss. Dort sollen zunächst die Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht werden“, sagte Prof. Hubert Meyer, Geschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), gestern im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.

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Er berichtet, dass Innenminister Boris Pistorius (SPD) bereits Gespräche zugesagt habe. Das von Reinhold Hilbers (CDU) geführte Finanzministerium müsse dann auch hinzugezogen werden. Eine Lösung gibt es allerdings bisher noch nicht. Nach Auskunft von Meyer ist damit zu rechnen, dass viele Menschen aus der Ukraine zunächst nicht wissen, wo sie für die nächste Zeit bleiben wollen. Daher müssten die Kommunen sich darauf vorbereiten und größere Unterkünfte bereithalten.

Flüchtlinge werden nach Quote auf Landkreise verteilt

Nach Informationen des Politikjournals Rundblick gibt es bereits eine Quote für die Verteilung der Flüchtlinge auf die niedersächsischen Landkreise. So soll ermittelt worden sein, mit wie vielen Menschen in der kommenden Woche gerechnet wird – und welcher Landkreis wie viele davon wird aufnehmen müssen. Ob der Flüchtlingsstrom dann so eintritt, ob er abebbt oder gar stärker wird, ist angesichts der aktuellen Veränderungen des Kriegsgeschehens nicht vorherzusehen.

Eigentlich genießen die aus der Ukraine ankommenden Menschen in Deutschland völlige Bewegungsfreiheit, sie können ihren Ankunftsort selbst wählen. Das gilt vor allem auch für jene, die nicht auf dem offiziellen Weg ankommen und sich zunächst nicht registrieren lassen, sondern direkt Verwandte und Bekannte in Deutschland ansteuern. Sobald sie dann aber staatliche Unterstützung haben wollen – von der Vermittlung von Wohnraum über die Inanspruchnahme von Arztbesuchen bis zum Angebot von Kindergarten- und Schulplätzen – ist die Registrierung unvermeidlich.

Registrierte Flüchtlinge können dann auch einen Wohnort zugewiesen bekommen, wobei man ihre eigenen Wünsche dabei möglichst berücksichtigt. Für den erwarteten Fall, dass der Flüchtlingsstrom auf bisherigem Niveau bleibt, sind im Innenministerium Verteilquoten für die Landkreise entwickelt worden, in denen auch bisherige Flüchtlingsaufnahmen berücksichtigt werden. In den Landesunterkünften der Landesaufnahmebehörde LABNI, die nur für die vorübergehende Erstaufnahme gelten, waren am Donnerstag knapp 4000 Menschen aus der Ukraine betreut worden.

Rund um die Flüchtlingsgeschehen ranken mehrere Detail-Diskussionen zwischen Land und Kommunen:

Wird die Pauschale erhöht? Für jeden Flüchtling, der hier registriert ist und den Status nach Paragraph 24 des Aufenthaltsgesetzes genießt, bekommen die Kreise und kreisfreien Städte eine Pauschale von rund 12.000 Euro im Jahr. „Das wird nicht reichen, alle Ausgaben zu decken, wir halten eine Erhöhung für nötig“, sagt Marco Trips, Präsident des Städte- und Gemeindebundes, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.

EU-Fonds können angezapft werden: Europaministerin Birgit Honé (SPD) hält es für möglich, nicht ausgeschöpfte Fördergelder aus den EU-Fonds EFRE und ESF für die Ukraine-Hilfe zu nutzen – das könnten Zuschüsse für Sammelunterkünfte sein, für Integrationskurse, für Sprachunterricht oder auch für Sachausgaben.

„Willkommensklassen“ geplant: In mehreren Bundesländern wird darüber diskutiert, wie die vielen aus der Ukraine angereisten Kinder unterrichtet werden können. Wenn es spezielle Klassen gäbe, in denen beispielsweise auch geflüchtete Lehrerinnen eingesetzt werden, könnte das entlastend wirken. Diese Koordination muss aber jemand in die Hand nehmen.

Grüne für Ukraine-Sondervermögen: Die Grünen-Landtagsfraktion fordert einen Nachtragshaushaltsplan des Landes mit 5 Milliarden Euro an Zusatzausgaben, die in einem Sondervermögen angelegt werden sollen. Daraus sollen Zivilschutzvorhaben bezahlt werden, aber auch Schritte zur beschleunigten Energie- und Wärmewende, die eine schnellere Abkehr von Öl- und Gasimporten ermöglichen.

Steuerzahlerbund für Haushaltssperre: Der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Bernhard Zentgraf, hat Finanzminister Reinhold Hilbers zu einer sofortigen Haushaltssperre aufgefordert. Anstelle von neuen Schulden, wie die Grünen es wollten, sollten lieber alle vermeidbaren Ausgaben gestoppt werden, damit man sich auf die Finanzierung der Folgen des Ukraine-Krieges konzentrieren kann.