Im Juli hatte Wirtschaftsminister Olaf Lies schlechte Nachrichten für die Kommunen und Wirtschaftsbetriebe in ländlichen Regionen: Die Landesförderung für den Ausbau des Glasfaser-Netzes für ein schnelles Internet soll von 2024 an nicht mehr fließen. Jährlich 120 Millionen Euro vom Land, die 2023 noch zur Verfügung gestellt wurden, fallen dann weg. „Wir appellieren nun an die Landesregierung, die bisherigen Zuschüsse im nächsten Jahr und auch in den Folgejahren fortzusetzen. Wir Kommunen jedenfalls können nicht einspringen – wir haben selbst kein Geld in der Kasse“, sagte Sven Ambrosy, Landrat des Kreises Friesland und Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT). Über die Art und Weise, wie die Landesförderung aussehen soll, „können wir reden“, fügte der SPD-Politiker hinzu.

Ein „Bündnis Glasfaserland Niedersachsen“ hat nun den Druck auf die Landesregierung verstärkt. Ihm gehören die Kommunalverbände, die IHK Niedersachsen, die Handwerkskammern, die Landjugend, der Landessportbund, die Unternehmerverbände und das Landvolk an. „Andere Bundesländer verstärken ihre Förderung noch – und dann kann die Qualität der Internetverbindung entscheidend dafür sein, ob sich ein Unternehmen in Niedersachsen oder doch lieber in NRW oder Hessen ansiedelt“, sagt Monika Scherf, IHKN-Hauptgeschäftsführerin.
„Wenn das Land nicht mehr mithält, können die Kommunen nicht 50 Prozent übernehmen – folglich droht die Gefahr, dass Niedersachsen am Bundesprogramm nicht mehr teilnehmen kann.“
Bisher stellt der Bund über fünf Jahre 1,2 Milliarden Euro bereit. Zur Gegenfinanzierung sind bisher Land und Kommunen gefordert, beide hatten bisher einen 25-Prozent-Anteil zu tragen, der Bund einen Anteil von 50 Prozent. „Wenn das Land nicht mehr mithält, können die Kommunen nicht 50 Prozent übernehmen – folglich droht die Gefahr, dass Niedersachsen am Bundesprogramm nicht mehr teilnehmen kann“, sagte Ambrosy. Lies‘ Sprecher Christian Budde erläutert, der Glasfaser-Ausbau sei schon weit vorangeschritten, 90 Prozent der Fläche Niedersachsens würde im „eigenwirtschaftlichen Ausbau“ bearbeitet, also auf Initiative von Firmen. Das laufe weiter gut. Der Staat sei nur bei den „grauen Flecken“ gefordert, jenen dünnbesiedelten Gebieten, in denen der Aufwand für die Verkabelung hoch ist, die Zahl der Nutzer hingegen überschaubar. Das sind kleine und abgelegene Dörfer. Hier wären „Satellitenlösungen“ denkbar, sagte Budde. Scherf von der IHK widerspricht: „Das ist für Unternehmen nicht ausreichend. Auch die Attraktivität von Home-Office hängt davon ab, ob es schnelles Internet gibt. Satelliten bieten oft nicht die nötige Leistungsfähigkeit.“

Aktuell herrscht Zeitdruck, denn für die nächste, die siebte Planungsrunde für die „grauen Flecken“ endet die Antragsfrist am 15. Oktober – und die Kunde von der eingestellten Landesförderung bremst die möglichen Interessenten, zu denen bisher zwölf Landkreise zählen. Am 6. Oktober steht nun ein Gespräch zwischen Lies und den Kommunalverbänden an, und Ambrosy deutet schon mal an, wie eine „Verständigung“ aussehen könnte: In den Bereichen, in denen die nötigen Investitionskosten in keinem Verhältnis zur Zahl der Nutzer stehen, könne man den Landeszuschuss womöglich deckeln. Denkbar wäre auch, das Glasfaser dann nicht bis zu jedem Haus, sondern nur bis zu einem Übergabepunkt zu verlegen – verbunden mit technischen Anknüpfungsmöglichkeiten. Bei einem solchen Konzept würden dann womöglich 100 Millionen statt 120 Millionen Euro jährliche Landesförderung ausreichen, die Differenz würde womöglich den jeweiligen Kommunen zufallen. Ein konkretes Konzept dazu fehlt indes noch.
Ambrosy sieht auch die Chance, bisher nicht ausgeschöpfte Wirtschaftsprogramme (etwa für Energiehilfen der Unternehmen) aus dem laufenden Etat von Lies für den Breitbandausbau anzuzapfen. Diese könne man womöglich als Haushaltsrest für einen anderen Zweck auf 2024 übertragen. Eine solche Umwidmung und Verschiebung von Haushaltsmitteln, die sachlich gut begründet sein müsste, wäre aber wohl nur mit Zustimmung des Finanzministeriums möglich. Dort sind in der Regel die rechtlichen Hürden immer sehr hoch. Die nächste Variante wäre, innerhalb des Etats von Lies Umschichtungen vorzunehmen. Der Landtag beschließt den Landeshaushalt für 2024 erst im Dezember, vorher haben die Landtagsfraktionen noch einmal das Wort für Korrekturvorschläge.